Lebt in St. Moritz. Sportwissenschaftlerin. Führt eine Firma. Heißt Flammersfeld, Anne-Marie (36). Ultraläuferin. Die auch über IHR Thema, liebe Leserinnen, philosophiert. Über die richtige Ernährung. Darf ich?

  • „Ich laufe wirklich manchmal vier bis fünf Stunden…, ohne etwas zu essen“. „Wie ist so etwas möglich?“, frage ich mich dann, wenn doch viele sagen, dass der Körper alle soundso viele Stunden soundso viel Energie in Form von Kohlenhydraten zu sich nehmen soll.“
  • „Achtet auf euer Körpergefühl. Wenn der Magen knurrt oder die Beine zittrig werden, dann esse ich etwas – vorher nicht“.

Aua. Sollten wir diesen Satz einmal an Frau Andrea Nahles weitermailen? Nur mal so als … Anregung? Als Lebenshilfe? Ich jedenfalls werde Flammersfeld heute in meiner Praxis zitieren. Wenn mich mal wieder jemand so erwartungsfroh nach dem  „Geheimnis des Abnehmens“ ausfragen möchte. Aber weiter:

  • „Ich bin überzeugt davon, dass man mit einem Ausreizen der Energiereserven eine gewisse Ultrafähigkeit des Körpers trainieren kann. Er lernt so, später beim Wettkampf seine Energie aus dem körpereigenen Fettdepots zu holen, man braucht also nicht 20 Gels mit sich herumschleppen.“

Können sie das übersetzen? Das „Ausreizen der Energiereserven“? Kennt der moderne Mensch überhaupt nicht. Deswegen kennt er eben auch die Fettverbrennung nicht. Heißt nämlich: Sie müssen erst einmal Ihre Zuckervorräte auf Null bringen. Völlig verbrennen. Entweder durch Fasten oder durch Sport.

Unzählige Male habe ich mich in den Hungerast gerannt. Also in den Unterzucker. Ganz absichtlich. Andere haben da Angst. Ich habe Körpervertrauen. Und habe im Hungerast – stark reduziert – weiter trainiert. Wie sonst soll der Körper denn etwas lernen? Unerwartete Situationen draußen in der Lavawüste von Hawaii? Aber weiter:

  • „Ich esse übrigens so ziemlich alles, auf was ich Lust und Laune habe. Viel Obst und Gemüse, reichlich Fisch, sehr selten Fleisch – auch beim Einkaufen höre ich auf meinen Körper.“

Bringt mich zum Lachen. Laut. Meine Frau wundert sich. Die härteste Läuferin der Welt isst also genau nach Vorschrift der DGE: „So ziemlich alles“: heißt also abwechslungsreich und bunt gemischt. Alles, auf was sie Lust und Laune habe. Nur komisch: Auf was hat sie denn Lust und Laune?

Sehen sie, auch das hat die DGE völlig missachtet. Körpergefühl. Somatische Intelligenz. Ein Mensch ist ein Mensch nur dann, wenn er läuft. Das steckt so in den Genen. Und nur wenn Sie durch das Nadelöhr Laufen schlüpfen, gelingt es Ihnen, richtig zu essen. Nur dann! Vorher wäre das alles hirngesteuert und hält nicht vor.

Die härteste Läuferin der Welt hat nun einmal seltsamerweise keine Lust auf den Bäcker, wie es scheint. Komisch, komisch.

Nur damit wir wissen, von wem wir hier sprechen, ein kurzer Auszug:

2014:

1.Rang Volcano Marathon, 42 km

1.Rang Zugspitz Ultra Trail, 100 km

1.Rang North Pole Marathon, 42 km

2012:

1.Rang “The Last Desert”, 250 km

1.Rang “Sahara Race”, 250 km

1.Rang “Gobi March”, 250 km

1.Rang “Atacama Crossing”, 250 km

 

PS: Den mentalen Anteil im Ultrasport schätzt sie auf 80%. Da geht es um Atemtechnik, um in den Alpha-Zustand zu gelangen. Und dann um Visualisation: In der Wüste taucht man in eine Schneelandschaft usw. usw.

PS II: Strunz Original 1989: Mental 80%, Ernährung 15%, Training nur 5%. Damals völliges Unverständnis…    Blöd nur, dass der gewonnen hat.

 

Quelle: FITforLIFE 2/2015, Seite 19