Doch, doch. Es gibt Ärzte, die das behaupten. Ein besonders prominentes Beispiel ein Dr. Jacob, selbst Veganer, der ein Ernährungsinstitut leitet.

Und der gegen diesen Unfug wettert, mit ketogener Kost Krebs besiegen zu wollen. Öffentlicher Schriftwechsel gegen Frau Prof Kämmerer.

    Wie so oft Streit um des Kaisers Bart: Ein Dr. Coy hat uns beigebracht, dass nur die Hälfte der Krebse so aggressiv sind, dass sie nur von Zucker leben. Die andere Hälfte ist langsam wachsend (z.B. Prostata) und kann durchaus auch noch Fett verbrennen. Dr. Jacob meint einfach die langsam wachsenden Krebse, Frau Prof. Kämmerer hat vor sich die ausgezehrten Schwerkranken mit vielen Metastasen. So einfach ist das.

 

Nur kann man von Dr. Jacob lernen, was passiert, wenn man sich in eine Ideologie verrennt. So behauptet er doch tatsächlich wörtlich:

    „Fälschlicherweise werden Kohlenhydrate für die Insulinresistenz, Hyperinsulinämie und deren Endstadium Diabetes mellitus Typ II verantwortlich gemacht. Diese spielen jedoch im Vergleich mit tierischem Protein und Fett eine untergeordnete Rolle.“

 

Da sollten Sie mal Professor Wortmann hören (News vom 5.11.2012). Ein Arzt, mit 50 zunehmend übergewichtig und prompt zuckerkrank. Der sich in ganz kurzer Zeit geheilt hat durch Weglassen der Kohlenhydrate. Und das haben ja wohl schon Millionen Menschen geschafft. Bestreitet Dr. Jacob einfach. Irgendwie muss er das ja begründen. Dass nämlich Fleisch und Fett Diabetes macht. Ganz einfach: Sie müssen nur suchen. Dann finden Sie schon eine Studie. Und die muss man dann allerdings auch „richtig lesen“. Eine hohe Kunst. Können Sie hier lernen:

Er bezieht sich auf eine große Metaanalyse der Harvard Uni. Mit, wie er sagt 442.101 Teilnehmern. Blöd, dass ich Physik studiert habe und zählen kann. Es sind tatsächlich 204.157 Teilnehmer. Aber geschenkt. Und in dieser Studie könne man lesen, dass rotes Fleisch rechnerisch zu mehr Diabetes führen würde. Daraus leitet Dr. Jacob ab: Protein und Fett machen zuckerkrank.

Dumm nur, dass wir lesen können. In der Studie steht nichts davon. Da steht im Gegenteil:

  • Mit Hähnchenfleisch und mit Fisch gelingt dieser Nachweis nicht. Das war´s auch schon. Protein und Fett (im Fisch) haben eben nichts mit Diabetes zu tun.
  • Sondern, so die Studie, es sei das Eisen im roten Fleisch, das sei schuld. Wirke als freie Radikale auf die Bauchspeicheldrüse. Meine Meinung: Na ja…
  • Eine andere Möglichkeit sei das im roten Fleisch enthaltende Salz und die Nitrite… na ja.
  • Oder es seien AGEs aus dem roten Fleisch.

 

Sie merken schon: Die Harvard-Universität glaubt selbst nicht, dass Protein und Fett (sie hat das sogar widerlegt) am Diabetes schuld sei, sondern besondere Inhaltsstoffe, die es nur im roten Fleisch gäbe. Das wirklich lustige kommt erst. Dr. Jacob druckt es als Argument für sich ab und merkt gar nicht, dass er damit die ganze Studie lächerlich macht:

  • 100g rotes Fleisch produziert 19% höheres Diabetesrisiko. Jetzt Dr. Jacob wörtlich: „Bereits 50g rotes Fleisch erhöht das Diabetesrisiko um 51%“.

 

Geht´s noch? Halb so viel rotes Fleisch produziert knapp drei Mal mehr Diabetes? Soviel zu der Statistik dieser Arbeit.

Aber es kommt ja noch schlimmer: Verborgen in dieser großen aufwendigen Metaanalyse finden Sie die wahre Erklärung für den Zusammenhang von rotem Fleisch und Diabetes. Man muss nur lesen können.

    Menschen, die mehr rotes Fleisch aßen, haben sich weniger bewegt. Menschen, die mehr rotes Fleisch aßen, waren fetter (höherer BMI) und haben mehr geraucht. Menschen, die mehr rotes Fleisch aßen, haben insgesamt mehr Kalorien zu sich genommen.

 

Das war´s eigentlich. Das Wort „rotes Fleisch“ war ein beliebiger, zufälliger Zwischenschritt zu der Tatsache: Ihr Risiko für Zuckerkrankheit steigt bei steigendem BMI, bei weniger Bewegung.

Das wussten wir schon vorher. Und was macht Dr. Jacob daraus? „Tierisches Eiweiß und Fett macht zuckerkrank“.

Ein Journalist wird solche Arbeiten niemals so genau durchstudieren. Und der normale, überarbeitete Hausarzt auch nicht. Der muss glauben. Das ist die Gefahr, die von solchen selbstverständlich sehr klugen, belesenen Ärzten ausgeht: Tunnelblick, weil Ideologe.

PS: Selbstverständlich bin auch ich ein Ideologe. Ich glaube an die Natur, an die Evolution. Solange Sie mir Dankesbriefe schreiben, kann ich so ganz schlimm nicht daneben liegen.

Quelle: 1. Am J Clin Nutr 2011;94:1
  2. Deutsche Z. f. Onkol 2012;44: 154