Heißt für uns entweder eine Tinktur, um Wunden zu desinfizieren, oder „die Schilddrüse“. Denn Schilddrüsenfunktion ist unabdingbar verknüpft mit Jod. Stimmt.

Irgendetwas haben wir bei Jod noch übersehen. Noch nicht verstanden. Wie man auf diesen Gedanken kommt? Es geht hier um die Jodmenge. Um die tägliche Einnahme. Da gibt es unter den Völkern Diskrepanzen um den Faktor 1000. So etwas ist mir noch nie untergekommen. Aber mal ganz langsam:

Jodmangel kommt bei der Weltbevölkerung zu etwa 30% vor, schätzt die WHO. Betrifft hauptsächlich die Schilddrüse. Deswegen empfiehlt sie täglich 100 bis 150 mcg.

Anders in den USA. Dort gibt es ein International Council for the Control of Iodine Deficiency Disorders. Die empfehlen 150 bis 300 mcg. Passt dort. Der US-Amerikaner nimmt im Schnitt täglich 240 mcg zu sich.

Soweit so gut.

Und dann kommt Japan. Schon 1964 hat das offizielle Gesundheitsbüro berichtet, dass Japaner, die ja täglich Seetang zu sich nehmen, damit auch 13,8 mg Jod konsumieren.

13,8 mg sind 13.800 mcg

40 Jahre später sei der Jodkonsum (dank Seetang) in Japan sogar auf 45 mg täglich gestiegen. Also 45.000 mcg. Das dürfen Sie vergleichen mit dem deutschen Wert von etwa 100 mcg. Eine völlig andere Welt.

Die Küstenbewohner von Hokkaido essen noch mehr Seetang täglich. Und konsumieren 200 mg, also 200.000 mcg täglich. Klappt übrigens nicht mit Fisch oder Muscheln. Klappt nur mit Seetang.

Fragt man sich, ob diese Riesenmengen Jod nicht schädlich seien. Tja. Zunächst mal leben die Japaner noch. Und dann ist ihre Lebenserwartung mit 81 Jahren höher als die der Amerikaner mit 78 Jahren. Kommt hinzu, dass die Kindersterblichkeit (unter einem Jahr) in Japan bei 3,5 von 1000 Säuglingen, in den USA doppelt so hoch liegt. Heißt: Direkt tödlich wird Jod wohl nicht sein.

Und meines Wissens sind Zivilisationskrankheiten in Japan ebenfalls seltener. Nur: Was schließen wir daraus? Sollten wir jetzt auch 1000-mal mehr Jod zu uns nehmen?

Längst passiert. Im 19/20. Jahrhundert wurde Jod im Grammbereich (1,5 bis 10g am Tag) gegen Syphilis und chronische Lungenerkrankung eingesetzt. Jod galt als „Universal-Medizin“ (Nobelpreisträger Györgi). Standarddosis zu seiner Zeit als Medizinstudent sei 770 mg Jod gewesen. Wohl verstanden mg, nicht mcg. Natürlich kurzzeitig verordnet!!!

Bis ins 21. Jahrhundert haben Hautärzte entzündliche Hauterkrankungen mit Jod, 1g bis 6g täglich, behandelt. Natürlich kurzzeitig, aber immerhin.

Nachdem dann noch Berichte auftauchten, dass Jod wirksam sei gegen Brustkrebs, wurde etwa 2000 das „Jodprojekt“ in der ULCA, also Los Angeles gestartet. Mehr als 4000 Patienten bekamen Jod zwischen 12,5 und 50 mg. Berichtet wird von Besserung bei zystische Veränderung der Brust, bei Diabetes, bei Fibromyalgie, bei Migräne. Ein verdächtig buntes Bild.

Bei mir bleibt hängen: Die Patienten erzählten, es ginge ihnen „allgemein viel besser“, sie hätten „mehr Energie“, es würde sich der „Nebel im Gehirn“ klären. Sehen Sie: Bei solchen diffusen Begriffen werde ich neugierig.

Nebel im Gehirn? Also ich beginne jetzt ein Selbstexperiment.

Quelle: Miller. J Am Phys Surg Volume 11, Nr. 4 (2006) Seite 106