Stimmt wirklich. Einen völlig gerade, aufrecht gehenden, stehenden oder sitzenden Menschen habe ich jedenfalls noch nie gesehen. Aufrecht im Sinne von Feldenkrais, dem Zauberer.

Allenfalls im Fernsehen. Hatte ich schon einmal angesprochen. Eine Schwarzafrikanerin auf dem Wege zur Wasserstelle. Schweren Tonkrug auf dem Kopf. Ungestützt. Die muss federnd schreiten in völlig ausgeglichener Balance. Die folgt präzise den Vorgaben der Schwerkraft. Und eben nichts sonst.

Auf das sonst kommt es an.

Sie gehen, sitzen, laufen krumm und schief. Mit etwas Selbstkritik könnten Sie das mit einem Spiegel herausfinden. Da hängt eine Schulter. Da steht das Becken schief. Da bewegen sich Ihre Füße nicht symmetrisch. Überhaupt das Wort Symmetrie: Das scheint ja das Geheimnis zu sein.

Also gut. Krumm. Warum?

Jetzt folgt ein selbstkonstruierter Gedankengang, der Ihnen Ihre alltäglichen Schmerzen erklären soll. Fangen wir an: Ihr Gestell wird deshalb krumm und unsymmetrisch, weil irgendein Muskel sich zusammenzieht, verkrampft. Zum Beispiel im Gesäß. Oder in der Schulter. Für dieses Verkrampfen fallen mir zwei Gründe ein.

  • Stress. Uralter Schutzreflex: Das Hochziehen beider Schultern unter Stress. Hatte ich Ihnen am Beispiel Säbelzahntiger erklärt. Das Gegenmittel wäre der Formel- I-Reflex. Wäre. Wenn Sie den in Ihr Leben aufgenommen hätten. Haben Sie aber nicht.

Also verspannt sich ein Muskel da oben, zieht die Halswirbelsäule zur Seite, Sie bekommen Torticollis (Schiefhals), Schulterschmerzen, Ausstrahlen in die Arme etc..

  • Oder Fehlhaltung. Sie sitzen am Schreibtisch vornüber gekrümmt. Schon falsch. Jetzt muss ein Muskel dagegenhalten, sich verkrampfen, verkürzen.
  • Oder Schonhaltung nach Verletzung. Der linke Fuß tut weh, automatisch gehen Sie ein bisschen schief. Entlastung. Jetzt muss irgendein Muskel sich zusammenziehen, auf Dauer verkrampfen, verkürzen.
  • Genauso das schiefe Becken (Wie sitzen Sie?) oder das krumme Kreuz (Wo steht Ihr Computer, in den Sie stundenlang starren?) Links oder Rechts? In welche Richtung sind Sie ständig gedreht?

Kurz und gut: Sie verdrehen oder verkrümmen sich, ein Muskel verkrampft und verspannt sich. Aber jetzt kommt´s erst: Daraufhin wird ein anderer Muskel, zum Beispeil an der Gegenseite, übermäßig gedehnt. Sehen Sie: Der gedehnte, der verlängerte Muskel, DER TUT WEH. Der ist die Ursache Ihrer Schmerzen.

                Und Sie sprechen von Bandscheibe oder Ischias oder Halswirkbelsäule und so weiter.

In der Not drücken Sie auf den schmerzenden Muskel, zum Beispiel an der Schulter. Bringt für Sekunden Erleichterung. Ist trotzdem der falsche Weg. Sie drücken auf den falschen Muskel. Es geht darum, den ursprünglichen, den verhärteten, den verkürzten Muskel zu finden und …

ZU ENTSPANNEN.

Das ist die Urkunst der Physiotherapeuten. Auch der Masseure. Auch der Faszien-Therapeuten. Die Ihnen hoffentlich, hoffentlich Hausaufgaben mit nach Hause geben. Ganz bestimmte Dehnübungen, die nicht den schmerzhaften, sondern den verborgenen Missetäter, den verkrampften Muskel, der die Schiefhaltung ja aufrecht erhält, anspricht.

So wird man zum Wunderheiler. Ich vermute, dass Frau Dr. Helga Pohl ähnlich arbeitet. Ganz sicherlich nicht so primitiv, wie hier geschildert.

Nur: Mir geht es darum, Ihnen ein Bild zu vermitteln. Schlussendlich das Bild, die Hoffnung, später die Gewissheit, dass Kreuzweh überflüssig sei.