STOCKHOLM. Die Annahme, dass Vitamin-C-Präparate, falls nicht nützlich, zumindest auch nicht schädlich seien, wird durch eine schwedische Studie stark in Zweifel gezogen. Männer, die hoch dosiertes Vitamin C schluckten, entwickelten doppelt so häufig Nierenkonkremente wie Männer, die keinerlei Vitaminpräparate nahmen. Über einen Zusammenhang zwischen Vitamin-C-Supplementierung und Nierensteinen wird schon länger spekuliert, die Studienlage ist allerdings nicht eindeutig. Biologisch plausibel wäre die Assoziation: Vitamin C wird über den Urin ausgeschieden, zum Teil unverändert, zum Teil in Form des Metaboliten Oxalat - und die meisten Nierensteine bestehen eben aus Kalziumoxalat. Nun erhält die Hypothese erneut Unterstützung aus einer großen Studie (JAMA Intern Med 2013; online 4. Februar). 23.355 schwedische Männer im Alter zwischen 45 und 79 Jahren wurden prospektiv elf Jahre lang beobachtet. In dieser Zeit entwickelten 31 von 907 Männern (3,4 Prozent), die Vitamin C supplementierten, erstmals Nierensteine; bei den 22.488 Männern, die keinerlei Vitaminpräparate anwendeten, gab es 405 solcher Diagnosen (2,0 Prozent). Auch wenn der Einfluss von Alter, BMI und diversen Nahrungsbestandteilen berücksichtigt wurde, ergab sich für die Anwendung von Vitamin C, üblicherweise in einer Tagesdosis von 1000 Milligramm, nahezu eine Verdoppelung des Risikos für Nierensteine (relatives Risiko 1,92). Dieses Risiko unterlag einer Dosis-Wirkungs-Beziehung: Männer, die weniger als sieben Tabletten in der Woche einnahmen, hatten ein um 66 Prozent erhöhtes Steinrisiko, Männer mit häufigerer Einnahme gar ein um 123 Prozent höheres Risiko, jeweils verglichen mit Männern, die gänzlich auf die artifizielle Vitaminzufuhr verzichteten. Bei Anwendern hoch dosierter Vitamin-C-Präparate sind demnach pro 100.000 Personenjahre 147 erstmalige Nierensteindiagnosen zusätzlich zu erwarten. Das entspricht einer Neudiagnose pro 680 Anwendern und Jahr. Die Studienautoren um Laura Thomas von Karolinska-Institut in Stockholm weisen allerdings darauf hin, dass der Risikoanstieg nicht notwendig auch für Frauen gilt, da sie generell seltener Nierenkonkremente entwickeln als Männer. Sie betonen außerdem, dass die beobachtete Wirkung von Vitamin C wahrscheinlich abhängig ist von der Dosierung und von mit dem Vitamin aufgenommenen Nährstoffen: "Unsere Ergebnisse sollten nicht auf Vitamin C in Lebensmitteln übertragen werden." Thomas et al. halten zwar eine weitere Bestätigung ihrer Studiendaten für erforderlich. Trotzdem empfehlen sie Zurückhaltung mit Vitamin-C-Präparaten: "Derzeit ist kein Nutzen von hochdosiertem Vitamin C belegt. Daher erscheint es vernünftig, Patienten dahingehend zu beraten, dass sie auf solche Hochdosispräparate verzichten, ganz besonders dann, wenn sie schon einmal Nierensteine hatten." Das entspricht auch der Einschätzung, die Dr. Robert H. Fletcher von der Harvard Medical School in Boston in einem begleitenden Editorial darlegt. Die Hoffnungen, mit Vitamin C Krebs oder kardiovaskuläre Erkrankungen oder auch nur Erkältungen zu kurieren oder zu verhüten, hätten sich nachweislich allesamt zerschlagen. Daher müsse man sich fragen: "Lohnt es, irgendein zusätzliches Risiko in Kauf zu nehmen, wenn hochdosiertes Vitamin C wirkungslos ist?"