Bei Herzrhythmusstörungen bzw. Vorhofflimmern werden standardmäßig Blutverdünner gegeben. Die Idee dahinter: Durch das unregelmäßige Kontrahieren der Vorhöfe fließt dort das Blut zu langsam. Das löst wiederum einen Mechanismus aus, der zur Bildung von Blutklumpen führt. Normalerweise fließt Blut nämlich nur in Wunden besonders langsam. Dort verschließen die Blutklumpen die Verletzung. Blutklumpen sind somit etwas ganz Natürliches, nur eben im Vorhof nicht. Das Problem bei der Sache, die Blutklumpen bleiben nicht im Vorhof, sondern können in den Blutkreislauf gespült werden. Gelangen sie dann ins Gehirn, kommt es zum Schlaganfall. Damit sich die Blutklumpen bei Herzrhythmusstörungen nicht bilden, werden Blutverdünner verabreicht. Logisch.

Eine neue Studie aus Deutschland zeigt nun ein anderes Bild. Die Wissenschaftler waren vom Ergebnis selbst überrascht. Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift New England Journal of Medicine am 25.08.2023 veröffentlicht, ist also brandaktuell.


Blutverdünner hatten in der genannten Studie keine Wirkung auf das Schlaganfallrisiko.


Blutverdünner erhöhten jedoch das Risiko innerer Blutungen.


Die Studie wurde mit Patienten mit implantierten Herzschrittmachern durchgeführt. Einige Patienten litten tagelang an Herzrhythmusstörungen, andere sogar monatelang. Im Durchschnitt betrugen die Episoden 2,8 Stunden. Als Untersuchungsgruppe bieten sich Patienten mit implantierten Herzschrittmachern an, denn das Gerät zeichnet kontinuierlich die Herzfrequenz auf. Zudem ist das Risiko für einen Schlaganfall bei Patienten mit phasenweise auftretenden Herzrhythmusstörungen genauso hoch wie bei Patienten, die dauerhaft an Herzrhythmusstörungen leiden.

An der Studie nahmen 2.536 Patienten teil. Die Hälfte erhielt einen gängigen Blutverdünner, die andere ein Placebo. Während des Studienzeitraums von 21 Monaten erlitten 22 Patienten, die Blutverdünner nahmen und 27 Patienten, die ein Placebo erhielten, einen Schlaganfall. Ohne statistische Vorkenntnisse würde man glatt annehmen: Das Medikament wirkt, 5 Patienten weniger, die einen Schlaganfall erlitten. Man muss allerdings in Betracht ziehen, dass es sich hier um 22 Personen aus einer Summe von 1.268 Patienten handelt. Das sind nur ca. 1,7 Prozent. Auch 27 Patienten von 1.268 aus der Placebogruppe sind nur ca. 2,1 Prozent. Statistische Verfahren zeigen hier keinen signifikanten Unterschied. Das heißt: Blutverdünner hatten in dieser Studie das Schlaganfallrisiko nicht verringert, sehr zum Erstaunen der Wissenschaftler.

Einen signifikanten Unterschied gab es jedoch bei schweren Blutungen. 53 Patienten aus der Gruppe, die Blutverdünner einnahmen, erlitten sie. In der Placebogruppe waren es nur 25. Dieses Ergebnis ist statistisch signifikant. Blutverdünner erhöhen das Risiko innerer Blutungen.


Das Ergebnis der Studie ist brisant, denn es stellt den als Fakt angenommenen Zusammenhang von Herzrhythmusstörungen und erhöhtem Schlaganfallrisiko infrage.


Ganz so sicher ist die eingangs genannte Annahme gar nicht, dass Herzrhythmusstörungen zu Blutklumpen führen, die wiederum Schlaganfälle auslösen. Denn bei Schlaganfällen von Patienten mit Herzrhythmusstörungen lässt sich oft gar kein Thrombus (Blutklumpen) nachweisen.

Eines steht jedoch fest: Der Zusammenhang zwischen Blutklumpen im Herzen und dem Risiko von Schlaganfällen ist wissenschaftlich weder eindeutig nachweisbar noch geklärt.

Quelle: Kirchhof P, Toennis T, Goette A, et al. Anticoagulation with Edoxaban in Patients with Atrial High-Rate Episodes [published online ahead of print, 2023 Aug 25]. N Engl J Med. 2023;10.1056/NEJMoa2303062.


Über die Autorin:


"Dr. Kristina Jacoby arbeitet seit 2014 Dr. U. Strunz bei der Erstellung seiner Bücher zu. Besonders fasziniert ist sie von den physiologischen Abläufen im Organismus sowie den Möglichkeiten diese mit Lebensstilveränderungen positiv zu beeinflussen.
Physiologie und Genetik waren ihre Schwerpunkte in ihrem Biologie-Studium, welches sie 2002 abschloss. Von 2004 bis 2010 studierte und promovierte sie an der Deutschen Sporthochschule Köln. Seit 2008 beschäftigt sie sich intensiv mit Meditation und praktiziert täglich.

Das sagt sie selbst zu Ihrer Tätigkeit:

„Jede Krankheit basiert auf Schieflagen im Organismus, die man aufspüren und verändern kann. Davon bin ich überzeugt. Mittlerweile gibt es etliche wissenschaftliche Veröffentlichungen, die das bestätigen. Leider ist das Wissen noch nicht in den Arztpraxen angekommen. Daher möchte ich dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen von diesen Möglichkeiten der Heilung erfahren und in die Lage versetzt werden, sie umzusetzen.“"