Im August 1993 veröffentlichte eine Forschergruppe um den Neurologen Dr. Allen Roses eine medizinische Sensation, die es zeitgleich in das SCIENCE-Magazin und auf der Titelseite der New York Times schaffte: „Wissenschaftler entdecken einen genetischen Schlüssel für die Alzheimer Erkrankung.“ In jahrelanger Forschungsarbeit war der Nachweis gelungen, dass eine Variante des so genannten APOE-Gens das Risiko an Alzheimer zu erkranken deutlich erhöhen kann.

Dieses Gen enthält den Bauplan für das Lipoprotein APOE, das Fette und Cholesterin im Körper transportiert. Es gibt drei Varianten des Gens: APOE2, APOE3 und APOE4.

Nach heutigem Forschungsstand wird das APOE2-Allel mit einem reduzierten Krankheitsrisiko in Verbindung gebracht. APOE3 hat keinen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko. APOE4 hingegen gilt als Risikofaktor, wobei Erkrankungsrisiko und -alter mit der Anzahl der AOE4-Varianten (Allele) korreliert, da es Einfluss auf den Fett- und Cholesterinstoffwechsel nimmt.

Wer nur eine Kopie eines Elternteils geerbt hat (APOE3/E4), hat ein ca. 4-fach, wer zwei Kopien (APOE4/4) hat, ein bis zu 12-fach erhöhtes Risiko. Das durchschnittliche Erkrankungsalter sinkt dann von ca. 78 auf 68 Jahre.

Für Deutschland schätzt man ca. 20% APOE4/4 und APOE3/4-Träger. Mit anderen Worten: Etwa 17 Millionen Menschen besitzen das Risikogen, und die allermeisten wissen es nicht. Ich selbst bin auch betroffen, wie ich zufällig durch einen Speichel-Gentest erfahren habe.

Nach dem Erhalt meines Tests habe ich gründlich recherchiert und bin auf den Neurologen Professor Dr. Dale Bredesen von der Universität Los Angeles gestoßen. Er ist weltweit der einzige Forscher, der effektive Präventionsprogramme für APOE4-Genträger entwickelt hat. Er hat sich sehr viel Zeit genommen, mir die Bedeutung dieser genetischen Variante im Detail zu erklären.

Interessanterweise gehen Forscher davon aus, dass die APOE4-Variante die Gen-Ausprägung war, die ursprünglich alle Menschen hatten. APOE4 schaffte durch seine immunstärkende und pro-inflammatorischen Eigenschaften unseren Vorfahren einen Überlebensvorteil, als sie vor allem Verletzungen und Krankheitserregern ausgesetzt waren. Die APOE3-Variante hat sich erst vor ca. 220.000 Jahren und die APOE2 Variante vor ca. 80.000 entwickelt. Die Natur macht selten gravierende Fehler.

Daten aus Nigeria, wo weltweit die meisten APOE4-Genträger leben, zeigen, dass Alzheimer auch bei der älteren Bevölkerung sehr selten ist, im Gegensatz zu Genträgern in Europa und in den USA.

Vor diesem Hintergrund hat Professor Bredesen geforscht und konnte zeigen, dass vor allem Lebensstilfaktoren bei Alzheimer die entscheidenden Auslöser sind.

Ein Morbus Alzheimer entsteht nicht über Nacht, sondern hat eine Vorbereitungszeit von vielen Jahren bis Jahrzehnte. Erste pathologischen Änderungen im Gehirn von APOE4-Trägern können bereits mit Ende 20 auftreten. Bis die ersten SYMPTOME mit Mitte 40 auftreten, vergeht viel Zeit.

Was Professor Bredesen APOE4-Genträgern empfiehlt, wird Sie als news-Leser nicht überraschen:


  • Low Carb- bzw. Keto-Ernährung
  • Selbstverständlich: Glutenverzicht
  • Mikronährstoffausgleich, insbesondere Vitamin D, aber auch Jod.
  • Optimale Fetternährung mit einfachen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren
  • Sportliche Betätigung (mindestens 1 Stunde pro Tag!)

Und zusätzlich ganz entscheidend: Intensives geistiges Training!

Mein APOE4-Gen hat mich beflügelt, noch mit 50 Jahren ein Medizinstudium aufzunehmen. Es ist eine wichtige Säule in meinem persönlichen Präventionsprogramm.

Und was machen Sie für Ihre Hirngesundheit?


Quellen:
Corder EH, Saunders AM, Strittmatter WJ, Schmechel DE, Gaskell PC, Small GW, Roses AD, Haines JL, Pericak-Vance MA. Gene dose of apolipoprotein E type 4 allele and the risk of Alzheimer's disease in late onset families. Science. 1993 Aug 13;261(5123):921-3. doi: 10.1126/science.8346443. PMID: 8346443.
Bredesen DE, Amos EC, Canick J, Ackerley M, Raji C, Fiala M, Ahdidan J. Reversal of cognitive decline in Alzheimer's disease. Aging (Albany NY). 2016 Jun;8(6):1250-8. doi: 10.18632/aging.100981. PMID: 27294343; PMCID: PMC4931830.
Liu CC, Zhao J, Fu Y, Inoue Y, Ren Y, et al.: Peripheral apoE4 enhances Alzheimer's pathology and impairs cognition by compromising cerebrovascular function. Nat Neurosci. 2022 Aug;25(8):1020-1033. doi: 10.1038/s41593-022-01127-0. Epub 2022 Aug 1. PMID: 35915180; PMCID: PMC10009873.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.