ist für mich die wohl oberste Instanz in uns. Das Gewissen lässt sich nicht betrügen. Das Gewissen registriert wie ein Uhrwerk all das Böse und all das Gute, das wir tun. Und – nach meiner begründeten Überzeugung – rechnet ab. Nicht etwa erst später, im Paradies oder in der Hölle, sondern noch zu Ihrer Lebzeit. Ob jetzt gleich oder später... gleichgültig.

Woher ist das weiß? Weil ich seit 34 Jahren in der freien Praxis mit Ihnen spreche. Täglich. Und inzwischen ganze Familien, ganze Generationen kennengelernt habe. Und mir selbstverständlich Gedanken mache über Lebensweise und Verhalten. Die wichtigste Entdeckung an meinem Schreibtisch ist, dass der Mensch es heimgezahlt bekommt. Es. Alles.

Immer. Heimgezahlt im Guten wie im Bösen. Seit ich das verstanden habe, lebe ich recht entspannt.

Persönliche Anmerkung: Auch meinen Unfall habe ich mir "verdient". Weiß ich.

Wissen auch andere, die ihrem Gewissen folgen. Die diese Instanz ernst nehmen. Die des Gewissens wegen sogar ihren Beruf aufgeben. Könnten Sie das? Um so mehr bewundere ich die junge Dame in ihrem Mail von heute:

"Ich war Diätassistentin mit nachfolgender Weiterbildung zur Ernährungsberaterin und habe     während meiner Tätigkeit oft das Gefühl gehabt, dass diese Beratungen so nicht funktionieren. Niemand hatte ein offenes Ohr für meine Bedenken, diese Widersprüche, kein Fachverband, keine Arztpraxis! Dann habe ich aus diesem Konflikt heraus mein "Handwerk" niedergelegt, eine andere Arbeit gefunden und gleichzeitig habe ich Sie entdeckt! Welch ein Glück!!!

Als bekennende Ketarierin und Nicht-Diätassistentin fühle ich mich in Vielem bestätigt, was     meine Bedenken von früher ausgelöst hat."

Könnten Sie das? Die gleiche Erfahrung macht doch jeder Politiker, oder? Der merkt, dass er (zwangsläufig?) seine Wähler betrügen muss. Dass er einen Betrugs-Beruf ergriffen hat. So wie das in diesem heutigen Brief ja auch deutlich wird. Nur: Die junge Dame hat die Konsequenzen gezogen.

Die wollte eben nicht "täglich neues Unrecht auf ihre Seele schaufeln". Ein bemerkenswerter, ein bewundernswerter junger Mensch. Chapeau.