Leider wird von vielen sogenannten Langlebigkeits-Gurus ein sehr niedriger Eiweißgehalt angeraten. Der Hintergrund im Rahmen dieser Empfehlung ist, dass durch den Verzehr von ca. 30 Gramm bioverfügbarem Eiweiß mTor angestoßen wird, ein Stoffwechselpfad zum Aufbau und zur Reparatur. Und ja, der ist eben auch bei vielen Krebsarten ein Thema, aber aus der Sicht von Prof. Donald Layman oder Prof. Ben Bikman aus einem anderen Grund, nämlich aufgrund eines krankhaft hohen Insulinwertes. Doch heute möchte ich nicht weiter auf Insulin eingehen, sondern beim Thema Eiweiß bleiben.

In meinem neuen Buch stelle ich ein ganz zentrales Thema zum menschlichen Eiweißstoffwechsel vor, welches mir vor einem Jahr in der Dimension auch noch nicht klar war. Und zwar baut unser Körper jeden Tag satte 300 Gramm Eiweiß ab und wieder auf. Jeden Tag!



Den größten Teil des Bedarfs an 300 Gramm Eiweiß zum Aufbau gewinnt der Körper aus dem Abbau der körpereigenen Eiweiße, also quasi durch Recycling. Ein kleiner Teil muss täglich frisch aufgenommen werden, um die Menge an körpereigenem Eiweiß zu erhalten. In jungen Jahren benötigt der Erwachsene dafür ca. 40 Gramm frisches Eiweiß am Tag. Wohlgemerkt, diese 40 Gramm Eiweiß dienen nur zum Erhalt der vorhandenen Eiweiße im Körper. Doch jetzt kommt die wichtige Information, da die Mehrheit von Ihnen, wie ich, eben schon recht lange keine 20 Jahre mehr alt ist:


Der Bedarf an frischem Eiweiß steigt im Alter.


Prof. Layman schätzt, dass der Bedarf auf ca. 55 bis 60 Gramm am Tag steigt. Wieder nur, um die vorhandene Muskelmasse und das vorhandene Gewebe zu erhalten. Wir reden nicht über den Aufbau neuer Muskeln oder dergleichen, es geht nur um den Erhalt des Status Quo. Wenn ich der DGE nun Glauben schenken darf (was ich nicht tue), dann wären 56 Gramm für mich die ideale Menge, denn ich wiege ca. 70 Kilogramm.

Und da merkt man recht schnell: Irgendwie passt das nicht zusammen, denn der Körper benötigt auch für viele andere Stoffwechselwege Aminosäuren, also Eiweiß. Zum Beispiel für das Immunsystem oder zur Entgiftung. Wie kommen also die Angaben der DGE zustande? Nun, man hat sich in den Jahren 1930 bis 1945 intensiv mit dem Thema Ernährung für mangelernährte Soldaten beschäftigt. Dort hatte man festgestellt, dass bei ca. 0,8 Gramm Eiweiß je Kilogramm Körpergewicht kein Nettoverlust an Stickstoff auftritt. Im Rahmen der Messmethoden der Zeit. Also nochmal zusammengefasst: Man erleidet mit dieser von der DGE empfohlenen Menge keinen Nettoverlust an Stickstoff, nicht Eiweiß. Das konnte man damals noch gar nicht so genau messen. Und es ist der absolute Mindestbedarf. Wenn Sie diese Menge dauerhaft unterschreiten, baut der Körper Muskeln ab. Er hat keine andere Möglichkeit der Kompensation.

In dem Zusammenhang stellt sich aber auch die Frage: Möchten Sie an der unteren Grenze leben? Dann reichen auch die inzwischen vorgeschlagenen 100 mg Vitamin C, früher war es noch weniger. Das ist die Menge, mit der man keinen Skorbut entwickelt. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich möchte gern für meinen Körper eine bessere Versorgung als das absolute Minimum. Und daher gebe ich den Bedarf, auf Basis der Arbeit von Prof. Layman, mit ca. 100 Gramm Eiweiß für Frauen und 120 Gramm Eiweiß für Männer als normalen Tagesbedarf an. Und eben auch auf Basis der Erkenntnis, dass der tägliche Bedarf zum Erhalt der Muskelmassen im Alter steigt. Wer das Thema vertiefen möchte, dem kann ich mein neues Buch „Eiweiß ganzheitlich betrachtet“ empfehlen, welches Sie auch hier im Shop kaufen können.

Quelle: Whole-body protein turnover in humans--past, present, and future, J C Waterlow, 1995, DOI: 10.1146/annurev.nu.15.070195.000421



Über den Autor:


“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:

"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe. Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise." ”