Jedes Jahr im Dezember kürt das bekannte Wissenschaftsmagazin „Science“ den wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres. Als „Breakthrough of the Year 2023“ wurde vor wenigen Wochen der GLP1-Rezeptoragonisten Semaglutid ausgewählt.

Sie kennen Semaglutid aus den Medien möglicherweise eher unter den Handelsnamen Ozempic ® oder Wegovy ® , auch bekannt als „die Abnehmspritze“. Die Zulassung dieses Wirkstoffs betraf zunächst nur die Therapie von Diabetes mellitus Typ 2, aber seit Sommer 2023 kann die Spritze auch hierzulande Erwachsenen und Jugendlichen mit Adipositas verordnet werden.

In Deutschland sind insgesamt 53,5 % der Bevölkerung (46,6 % der Frauen und 60,5 % der Männer) von Übergewicht betroffen. Bei 19,0 % der Erwachsenen liegt sogar eine Adipositas (Fettleibigkeit) vor. Übergewicht ist definiert als ein Body Mass Index (BMI) über 25. Von Adipositas spricht man ab einem Body Mass Index von 30. Der BMI ist keine optimale Formel, darauf möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht näher eingehen.

Fakt ist, die Deutschen sind zu dick und werden immer dicker. Große Sorge macht mir der steigende Anteil bei Kindern und Jugendlichen.

Ein gesundes Ess- und Bewegungsverhalten ist vielen abhandengekommen. Der Weg zum Normalgewicht ist oft mühsam. Von daher kommen schnelle Lösungen wie gerufen. Die Werbung verspricht, dass man mit Semaglutid genauso gut abnehmen könne, wie mit einer Magenverkleinerung.

Mit dieser Abnehmspritze wird einmal wöchentlich der GLP1-Rezeptoragonist Semaglutid gespritzt. Er kann lange im Körper gespeichert werden und muß daher praktischerweise nur selten gespritzt werden. Er bewirkt eine verstärkte Ausschüttung von Insulin aus den ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse und vor allem eine deutliche Verringerung des Appetits.

Allerdings hat dieses Wundermittel auch eine ganze Reihe an Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Durchfall, Gallensteine, Pankreatitis bis hin zum Schilddrüsenkrebs. Semaglutid muss dauerhaft gespritzt werden. Setzt man es ab, lässt auch die Wirkung ziemlich schnell nach.

Den Wirkmechanismus der Abnehmspritze haben sich die Entwickler von unserem Körper selbst abgeguckt. Denn GLP-1 kommt ganz natürlich in unserem Magen-Darm-Trakt vor. Es gehört zu den Sättigungshormonen und bewirkt – wenn es denn in ausreichender Menge vorhanden ist – eben dieses wohlige Sättigungsgefühl, das uns vor ständigen Snacks und Heißhungerattacken bewahrt.

Forscher der Universität von Arizona haben zeigen können, dass wir durch eine erhöhte Ballaststoffzufuhr unseren körpereigenen GLP-1 Anteil deutlich erhöhen können, ganz ohne Spritze inklusive ihrer Nebenwirkungen.

Unser Körper kann zwar Ballaststoffe nicht verdauen, aber viele Bakterienstämme in unserem Darm können sie für unsere Gesundheit sinnvoll nutzen. Insbesondere die Beta-Glucane, können nicht nur den GLP-1 Spiegel, sondern darüber hinaus noch die Bildung eines weiteren Sättigungshormons, das Peptid YY, erhöhen. Wir profitieren also in mehrfacher Hinsicht von einer großen Mengen an Ballaststoffen in unserer Nahrung.

Beta Glucane finden Sie vor allem in Nüssen, Algen, Hülsenfrüchten und Samen.


Quellen:
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Semaglutid-ist-wissenschaftlicher-Durchbruch-2023-445599.html

https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Semaglutid_55565#Wirkmechanismus

Bauer PV, Hamr SC, Duca FA. Regulation of energy balance by a gut-brain axis and involvement of the gut microbiota. Cell Mol Life Sci. 2016 Feb;73(4):737-55. doi: 10.1007/s00018-015-2083-z. Epub 2015 Nov 5. PMID: 26542800.

Sodhi M, Rezaeianzadeh R, Kezouh A, Etminan M. Risk of Gastrointestinal Adverse Events Associated With Glucagon-Like Peptide-1 Receptor Agonists for Weight Loss. JAMA. 2023;330(18):1795–1797. doi:10.1001/jama.2023.19574


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.