Eine intakte Blut-Hirn-Schranke schützt unsere sensiblen Gehirnzellen vor vielen Giftstoffen und Krankheitserregern. Eine offene Blut-Hirn-Schranke kann daher das Gehirn schwer schädigen. Dies kann möglicherweise durch Infektionen geschehen, wie irische Forscher vor kurzem feststellten (siehe letzte News) und zu den typischen Long-Covid-Symptomen, wie Konzentrationsstörungen, Benommenheit und Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, kurz Brain Fog, führen. Allerdings findet sich nach Erfahrung vieler Therapeuten (auch ich kann das vielfach bestätigen) bei vielen Betroffenen eine bereits im Vorfeld vorgeschädigte Halswirbelsäule im Sinne einer instabilen Halswirbelsäule.

Der Internist Dr. Bodo Kuklinski hat sich viele Jahre lang mit diesem Phänomen beschäftigt und mehrfach beeindruckend belegen können, welche gravierenden Auswirkungen dieses scheinbar rein orthopädisch-neurologisches Problem auf den gesamten Stoffwechsel eines Betroffenen haben kann. Ich kann dazu jedem interessierten Therapeuten oder Betroffenen Kuklinskis Bücher „Schwachstelle Genick“ und „Das HWS-Trauma“ empfehlen.

Die Halswirbelsäule ist ein neuralgischer Punkt unseres Körpers. Durch diesen engen Abschnitt unseres Körpers müssen alle Nerven hindurch, die aus dem zentralen Nervensystem kommen oder die aus der Peripherie zurück ins Gehirn gelangen. Hier verlaufen auch wichtige Blutgefäße, wie die rechte und linke Wirbelsäulenarterien, die im hinteren Nackenbereich durch den Schädelknochen in das Gehirn eintreten und Kleinhirn, Seh- und Hörrinde, aber auch den Hippocampus (Sitz des Gedächtnisses) mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Hier sind auch viele Rezeptoren (Nozizeptoren), die auf Reizungen, wie Alarmanlagen reagieren und sofort eine Kaskade von Entzündungsmediatoren in Gang setzen.

Scheinbar harmlose Ereignisse des Alltags können die Halswirbelsäule und ihre benachbarten Weichteil-Strukturen nachhaltig schädigen, z. B. durch


  • Stürze, auch Bagatellunfälle im Haushalt
  • Risikosportarten, wie Boxen
  • Schleudertraumen bei Autounfällen
  • Operationen in Vollnarkose
  • Ballsportarten mit Kopfverletzungsgefahr

Erfreulicherweise sind Kopfbälle in den USA und England im Bereich des Jugendtrainings vor kurzem verboten worden. Hierzulande werden solche Maßnahmen zwar diskutiert, aber vielfach noch belächelt.

Eine schwach ausgeprägte Halsmuskulatur und chronische Fehlhaltungen („Handy-Blick“) schwächen die Halswirbelsäule und ihre benachbarten Strukturen noch zusätzlich. Oftmals kommt es zu einer Instabilität des Genicks, also im Bereich des 1. Und 2. Halswirbelkörpers, instabil mit ständigen Reizungen von Rezeptoren und der Ausschüttung von entzündungsfördernden Botenstoffen.

Dr. Kuklinski: „Die Genickgelenkinstabilität ist eine der häufigsten Schädigungen in Deutschland. Sie wird als solche nicht erkannt, sondern die Folgen dem psychosomatischen Formenkreis zu geordnet.“

Quellen:
Greene C, Connolly R, Brennan D, Laffan A, O'Keeffe E, Zaporojan L, O'Callaghan J, Thomson B, Connolly E, Argue R, Martin-Loeches I, Long A, Cheallaigh CN, Conlon N, Doherty CP, Campbell M. Blood-brain barrier disruption and sustained systemic inflammation in individuals with long COVID-associated cognitive impairment. Nat Neurosci. 2024 Mar;27(3):421-432. doi: 10.1038/s41593-024-01576-9. Epub 2024 Feb 22. PMID: 38388736; PMCID: PMC10917679

Bodo Kuklinski, Das Hirnschrankenprotein S-100, Rostock 2006

Bodo Kuklinski, Das HWS-Trauma, Aurum Verlag Stuttgart 2010



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.