Vorgestern beim Berlin-Marathon. Nein, nein, ich meine nicht Mutai, der auf den letzten 1,5 Kilometern einen neuen Weltrekord schon nicht mehr sehenden Auges entschwinden fühlte, nein, ich meine Jan Fitschen, unsere neue deutsche Nachwuchshoffnung. Erst 35 Jahre. Der doch tatsächlich für ihn sensationelle

2:13:10 h

geschafft hatte. Unser 10.000 Meter Europameister. Der bangen Herzens von "unter 2:15" sprach, natürlich von "unter 2:14" träumte...und jetzt das: 2:13:10. Bravourös gelaufen!

Mit 35 Jahren, so sollte man meinen, ein alter Hase. Einem Jan Fitschen können Sie über Training nichts mehr erzählen. Oder über Wettkampfvorbereitung oder -gestaltung. Der weiß einfach. Aber eins hat er nicht gewusst...eins hat er erst 2012 gelernt, im Jahre seines Triumphes. Jan Fitschen wörtlich in seinem Blog:

"Oft sind das Kleinigkeiten die nicht immer sofort auffallen. Kleine Beispiele sind z.B. dass mir die Nüchternläufe, also die, die vor dem Frühstück mit nur einem Glas Wasser vorweg durchgeführt werden, lange nicht mehr so schwer fallen wie früher. Jetzt kommt auch hier schon häufiger ein ganz ansehnliches Tempo heraus und Hunger hab ich auch keinen mehr dabei.

Oder die langen, gesteigerten Dauerläufe bis zu 40 km: da habe ich im letzten Jahr danach immer den ganzen Tag auf der Coucn gelegen und bin nur noch aufgestanden, um die Heißhungerattacken zu bekämpfen. Im letzten Trainingslager war dann selbst ein langer Lauf mit extrem wenig Kohlenhydratzufuhr und ohne folgenden Heißhunger möglich. Stellt sich der Körper da eventuell doch um?! Bessere Nutzung der Speicher? Ich denke schon".

Jan hat also 2012 die Fettverbrennung entdeckt. Hat entdeckt, dass der Körper nicht mal so nebenbei, sondern erst gezielt trainiert Fettverbrennung aufbauen kann. Dass er dafür vier fettverbrennende Enzyme bilden muss. Das dauert Wochen. Konsequentes Training ohne jegliche Kohlenhydrate.

In der deutschen Sportmedizin, auch heute noch unerhört. Nur wirkliche Kenner lächeln hier fein, zwinkern sich zu und...sind bei den Nudel-parties nicht zu sehen.

Gestern, in Berlin, in der Stunde seines Triumphes dürfte auch Jan Fitschen gelernt haben, dass nicht nur der Krebskranke, nicht nur der Übergewichtige, nicht nur der Rheumatiker sondern auch der Sportler einen Freund/Feind hat: Die leeren Kohlenhydrate. Mit denen muss man sehr, sehr behutsam und bewusst umgehen. Hat er gelernt.

Dabei ist Jan in Wahrheit 2:12 gelaufen. Sie haben's doch alle gesehen: Zwischendrin musste er mal aufs Töpfchen. Ins Häuschen verschwinden. Haben Sie jemals einen kenianischen Wunderläufer in gleicher Situation beobachtet? Ich auch nicht. Eine erstgemeinte Bitte: Kann jemand von Ihnen, die Jan persönlich kennen, ihn auf die News vom 09.02.2011 hinweisen? Auf die durchaus lernbare Technik, während eines Wettkampfes eben nicht aufs Töpfchen zu müssen?

Macht die ganze Sache wieder so sympathisch. Auch Übermenschen wie Jan haben so ihre kleinen Schwächen.