Seit Jahren gibt es ein beobachtetes Phänomen: Einige meist sehr schlanke Menschen, die ihr Essen umstellen auf eine genetisch korrekte Low Carb-Ernährung, bekommen bei der nächsten Blutuntersuchung einen Schock. Und gerade am Anfang einer solchen Maßnahme tendiert man dazu, den Erfolg anhand einiger Blutwerte zu messen. Ich rede davon, dass diese Personen plötzlich ein Gesamtcholesterin von weit über 300 mg/dl haben, z.T. sogar über 600 mg/dl. Und natürlich wird man da nachdenklich/ängstlich: Ist das ungefährlich, was ich hier mache? Genau zu dieser Frage habe ich auch schon einige Leserbriefe bekommen.

Doch jetzt gibt es Entwarnung!

Wir müssen uns im Vorfeld bei David Feldman bedanken. Er hat als Informatiker aus Selbstinteresse sehr viel Zeit in diese Frage investiert. Feldman ist einer dieser sogenannten Lean Mass Hyper-Responders (LMHR), auf Deutsch „Schlanke Stark-Reagierer“. Er selbst hatte auch LDL-Werte von über 400 mg/dl.

Die Literatur hatte darauf zunächst keine Antwort. Wir leben in einer Zeit, in der fatalerweise von den Ernährungsberatungsstellen immer noch eine Ernährung mit einem sehr hohen Anteil an Kohlenhydraten empfohlen wird. Somit haben wir keine Blutmesswerte und keine Studien zu Menschen, die sich Low Carb ernähren. Hätten wir Erfahrungswerte aus den Jahren vor 1910, als das auf einen großen Teil der Bevölkerung zutraf, so würden wir sehr wahrscheinlich gar nicht darüber reden. Doch da gab es diese ganzen Tests noch nicht und daher kommt diese Verunsicherung.

Doch David Feldman hat nicht locker gelassen. Er hat mitgeholfen, dass entsprechende Studien aufgesetzt wurden. So hat man 64 Personen mit sehr hohen Gesamtcholesterin-Werten über 4 Jahre beobachtet und u.a. mittels CT geschaut, ob es Ablagerung im Herz gibt.



Wie man an den Ergebnissen sieht, haben 58 Prozent der Teilnehmer gar keine Ablagerungen in den 4 Jahren entwickelt und die anderen Kategorien werden von Prof. Matthew Budoff, seines Zeichens Kardiologe, als „mild“ eingestuft.

Dies ist die erste Studie dieser Art, die durchgeführt wurde und die zum größten Teil Entwarnung gibt, denn der Calciumscan des Herzens brachte ein fast identisches Ergebnis.

Ich möchte jedoch nochmal einen Punkt unterstreichen, wie Sie erkennen, dass Sie bei sehr hohen Cholesterinwerten in die Gruppe der „Nicht-Gefährdeten“ gehören:



Und zwar sehen Sie das in diesem Bild sehr schön dargestellt. Oben ist der Fall aufgeführt, in dem man von krankhaften Blutfettwerten spricht: Die Triglyceride sind hoch, HDL ist niedrig und LDL ist relativ normal. Der hier beschriebene „Hyper-Responder“ hat gänzlich andere Werte: Die Triglyceride sind sehr niedrig, in der Regel unter 50 mg/dl. HDL ist weit über 80 mg/dl und LDL kann eben hier über 400 mg/dl liegen. Wir können für den unten dargestellten Fall mit sehr niedrigen Triglyceridwerten Entwarnung geben.

David Feldman hat zu dieser „extremen“ Reaktion des Körpers auch eine Theorie entwickelt. Da der Körper durch eine ketogene Ernährung von jetzt auf gleich gezwungen wird, sehr viel Fett zu verbrennen, erhöht er die Kapazität der Transportvehikel für Fett im Blut, und das ist in diesem Fall LDL. Es ist auch zu beobachten, dass sich diese Werte nach einigen Monaten oder Jahren normalisieren.


Quellen:

The Lipid Energy Model: Reimagining Lipoprotein Function in the Context of Carbohydrate-Restricted Diets, Nicholas G. Norwitz et al., 2022, DOI: 10.3390/metabo12050460

Elevated LDL Cholesterol with a Carbohydrate-Restricted Diet: Evidence for a “Lean Mass Hyper-Responder” Phenotype, Nicholas G Norwitz et al, 2021, DOI: 10.1093/cdn/nzab144


Über den Autor:


“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:

"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe. Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise." ”