forever young
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Wie deutlich darf ich werden? Wieviel Wahrheit, wieviel Kritik verträgt eigentlich die Schulmedizin? Oder sollten wir Kollegen lieber zusammenhalten, alles unter den Teppich kehren und…. schweigen?
Es geht um den Selbstmord des Co-Piloten. Der 149 Mitmenschen mit in den Tod riss. Sehr schnell ist man darauf gekommen, dass der ganze Ablauf sehr wohl eine innere Logik hatte. Also beginne ich einmal ganz vorsichtig mit einem Leserbrief im SPIEGEL 41/2015, Seite 154. Von einem Arzt!
Schreibt ein Arzt. Ich nehme an ein Schulmediziner. Ich nehme an, ein Kollege, der auch gelernt hat:“ Krankheit? Pille!“ Ein Kollege, der auch nicht weiß, dass der Vorsitzende der Arzneimittelkommission, Professor Ludwig, öffentlich anzweifelt, dass wir wissen, was wir da tun.
Was wir tun? Der Kollege spricht vom „Psychiatrischen Goldstandard“, also der Tablette Nummer Eins. Die man grundsätzlich Depressiven verschreibt und gibt. Und die – oh wie peinlich – zum Selbstmord geradezu einlädt. Oder wie soll ich „das Fünffache“ interpretieren?
Lassen Sie mich eins draufsetzen. Aus dem darauf folgenden Leserbrief zitieren. Ebenfalls von einem Doktor:
Ja, fragt man sich. Wieso „man“? Der Kollege fragt sich doch. Hat das jetzt keine unmittelbaren Folgen? Schreit der jetzt nicht laut? Macht der keine Eingaben bei der Arzneimittelkommission? Schreibt der keine Leserbriefe außer solchen, in welchen „man sich fragt, warum diese Tabletten immer noch zugelassen sind“?
Im gesellschaftlichen Leben, also außerhalb der Medizin, würde hier doch wohl ein Staatsanwalt genau die gleichen Zeilen lesen und dann beginnen, wegen fahrlässiger Tötung (wirklich fahrlässig? Nur?) zu ermitteln beginnen, oder?
So kritisch daherreden darf ich, weil ich die Alternative kenne. Und die gibt es. Dass die in Deutschland praktisch unbekannt ist, ist ein völlig anderes Thema. Dass deutsche Ärzte zu 80% vom globalen Wissenspool abgeschnitten sind, ist ein anderes Thema (Professor Antes, Freiburg, News vom 09.01.2009 und 12.01.2009 www.strunz.com). Dass Sie, liebe Patienten, sich Antidepressiva gefallen lassen, ist ebenfalls ein anderes Thema. Eigenverantwortung hat man uns in diesem Lande längst „abtrainiert“.
Die Alternative hat uns auch (!) Professor Holsboer aufgezeigt. Im SPIEGEL-Interview (News vom 07.06.2015) als er dezent andeutete, dass man Depression mit einer Blutanalyse sehr wohl erkennen und eingrenzen könne. Beispielsweise die Schwere der Erkrankung. Daraus resultieren selbstverständlich Einschätzungen der Suizidgefahren. In meiner Praxis jedenfalls ist das Alltag, auch wenn ich nicht so deutlich darüber spreche.
Bezeichnend, dass dann der Chef der Psychiatrie in Leipzig heute noch bestreitet, dass man „Depression messen“ könne. Das also ist der Standard unserer Universitätskliniken. Nun ja: Dann bleibt freilich nur Resignation. Dann bleibt freilich nur der Griff zur Medikamentenschachtel. Alle Nebenwirkungen inklusive.
Fünffach erhöhtes Suizidrisiko. Hundertfünfzig Tote klagen an.