Dumme Frage. Wird von jedem Eskimo-Kind überhaupt nicht verstanden. Das tut's einfach. Und genau das ist das ganze Geheimnis.

Eine Journalistin für das "Wall Street Journal", Frau Druckerman lebt mit drei Kindern in Paris. Aß im Urlaubshotel mittags und abends auswärts. Und merkte:

"Es ist die Hölle. Unsere Tochter schmiss mit Sachen um sich, krabbelte aus dem Hochstuhl.

Spiegel: So ist das eben mit kleinen Kindern beim Essen.

Druckerman: Das dachte ich auch. Aber es war nur mit unserem Kind so. Alle anderen Kinder, die französischen nämlich, saßen brav auf ihrem Stuhl. Sie hielten ganze Drei-Gänge-Menüs durch. Am Tisch dieser Familie herrschte ein freundlicher, entspannter Ton.

Ihr Schlüsselerlebnis. Dachte Frau Druckerman: Solche Kinder möchte ich auch. Heute hat sie sie. Dazu zwei entscheidende Beispiele.

Frage: Wie erzieht man Kinder zur Geduld?

Druckerman: Man übt sie. Endlos. Ein Beispiel. Wir unterhalten uns, ein Kind kommt, es unterbricht unser Gespräch. Ich sage: Warte... Das Kind unterbricht wieder. Ich sage das Gleiche. Noch mal und noch mal und noch mal.

(Kennen Sie das? Kevin, lass das. Kevin, tu das nicht. Kevin, pass auf. Kevin, schau auf die Straße. Kevin, da kommt ein Auto. Kevin, bleib stehen... Ununterbrochen. Kevin lernt!)

Eine Studie rechnete kürzlich vor, dass amerikanische Eltern alle zwei Minuten von Ihren Kindern unterbrochen werden.
Es geht hier nicht um Artigkeit, es geht um Respekt. Andersherum gilt es genauso. Das wichtigste überhaupt! Man unterbricht sein Kind nicht ohne Not, zum Beispiel wenn es spielt (Beispiel Kevin).

Das war das eine Beispiel. Respekt vor dem Kind. Ich habe meine Kleinkinder wie Erwachsene angesprochen und behandelt. Und das zweite Beispiel: richtiges Essen.

Druckerman: Die wichtigste Regel ist simpel: Bei Tisch sollten Kinder Hunger haben. Es gibt kaum Snacks zwischendurch. Und das erste, was sie bei Tisch sehen, ist eine Vorspeise aus Gemüse. Also sind sie hungrig und sehen Gemüse. Irgendwann kapituliert da jedes Kind.

Spiegel: Meist gibt es in Frankreich drei Gänge zu essen. Uns Deutschen erscheint das ziemlich aufwendig...

Druckerman: ...aber wichtig. Wobei es auf die Reihenfolge ankommt. Serviert man Nudeln mit Brokkoli, so essen die Kinder nur Nudeln. Also trägt man nacheinander auf.

Druckerman ging auch in die Küche. Dort, wo die Menüs für die Kinderkrippen zusammengestellt werden. Dort hat sie am ersten Tag erstmal in ihrem Leben die Namen von mindestens 25 verschiedenen Gemüsesorten gehört. Als Erwachsene. Bezeichnend.

In Summe: Nicht das Kind ißt falsch, sondern Sie, die Eltern. Und noch ein Wort zur Erziehung:

Ein Kind, was geliebt wird, wird richtig erzogen. Immer. Automatisch.

Quelle: Spiegel 13/2013, S 124-126