Ein wunderhübsches, kleines Fundstück. Aufgestöbert beim gemütlichen Schmökern am Sonntag Vormittag. Zu einem Tässchen Kaffee.

Hab mir noch einmal die berühmte ATBC-Studie von 1994 herausgekramt. Sie wissen schon: Beta-Carotin macht Lungenkrebs. Eine sensationelle Behauptung, welche die Literatur bis heute „besetzt“. Sie erinnern sich an die Vitamin-Lüge des Spiegel. Da ging es genau um diese Studie.

Herausgekramt hatte ich sie, weil darin steht, dass Vitamin E Prostata-Krebs und Dickdarm-Krebs verhindert. Noch einmal: Verhindert. Solche Kleinigkeiten gehen natürlich unter. Das wäre ja eine gute Nachricht in der gleichen Arbeit. Interessiert einen Spiegel nicht.

Lese noch einmal die Zusammenfassung und stoße doch tatsächlich auf die folgenden Sätze. Im großen Zusammenhang eine schlichte Sensation, wenn man bedenkt, dass immer und überall in allen Vitamin-Studien warnend auch daraufhin gewiesen wird, dass Beta-Carotin Lungenkrebs mache. Beim Raucher. Und in der Originalarbeit steht dann folgendes:

  • „Uns sind keinerlei Daten bekannt, die eine schädliche Wirkung von Beta-Carotin zeigen, sondern im Gegenteil, es gibt Studien, die eine schützende Wirkung beweisen.
  • Außerdem existieren keine bekannten oder beschriebenen Erkenntnisse, dass Beta-Carotin toxisch sei.
  • Es gibt keinerlei Daten aus Tierstudien, die eine schädliche Wirkung von Beta-Carotin suggerieren.
  • Es gibt keinerlei Beweis für toxische Effekte von Beta-Carotin im Menschen.
  • Fasst man all die verfügbaren Daten zusammen, so erscheint eine schädliche Wirkung von Beta-Carotin unwahrscheinlich.
  • Obwohl wir in dieser Arbeit formal statistisch signifikant (eine schädliche Wirkung) gefunden haben, kann daher dieses unser Ergebnis sehr wohl ein ZUFÄLLIGES sein.“

Schreiben die Autoren. Der Studie, die unauslöschlich in das Gehirn der Ärzte, der Laien, insbesondere der Medien die „Tatsache“ geprägt hat, dass Vitamine Krebs machen können.

Sie lernen soeben. Sie lernen etwas ganz Wichtiges. Nämlich: Man sollte nachlesen. Man sollte nichts glauben. Man sollte die Originalarbeiten durchlesen. Zeile für Zeile.

Das tut niemand. Glauben Sie mir. Niemand.

Schon gar nicht Journalisten. Schon gar nicht unsere Medien.

Sehen Sie, deshalb glaube ich kein einziges Wort von allem, was unsere deutsche Presse über den amerikanischen Präsidenten verbreitet. Täglich. Wenn ich das Original nicht bekomme… weiß ich, dass gelogen wird.

PS: Aber mal ganz unter uns: Hätten Sie das für möglich gehalten, was Sie da oben lesen?

Quelle: New England Journal of Medicine, April 14, 1994, Vol 330, Nr. 15, S. 1029