Die Mastzellen gehören zu den ältesten und wichtigsten Immunzellen. Vielfach wird ihnen keine besondere Bedeutung beigemessen und sie spielen häufig keine Rolle bei der Diagnostik verschiedener Erkrankungen, weil man sie schlichtweg diagnostisch übersieht. Anders als ihre Verwandten, die Leukozyten, kommen sie kaum im Blut vor und werden durch ein „Blutbild“ nicht erfasst.

Sie sitzen überwiegend im Gewebe in der Nähe von Nervenbahnen und Blutgefäßen. Man kann sie sich als kleine Wachposten vorstellen, die ihre Umgebung auf potenzielle Störenfriede hin überprüfen.

Diese können sein:


  • Bakterien
  • Viren
  • Parasiten
  • Zytokine
  • Toxine, wie toxische Metalle

Registrieren sie eine Gefahr, können sie ihr immenses Waffenarsenal einsetzen. Es besteht aus mehr als 200 verschiedenen Botenstoffen (Mediatoren), die wichtigsten sind Histamin, Heparin und Chromogranin A.

Lange Zeit meinte man, Mastzellen haben primär eine Funktion bei der Bekämpfung von Parasiten. Denn diese sind zu groß, um durch Fresszellen vernichtet zu werden. Dafür benötigt der Organismus das gesamte toxische Potential der Mastzellenmediatoren.

Mastzellen werden eigentlich erst dann zur Kenntnis genommen, wenn sie Symptome machen. Diese sind dann aber oft so unspezifisch, als dass diese Mastzellen zugeschrieben werden.

In meinem Medizinstudium lernte ich etwas über die Mastozytose, eine krankhafte Vermehrung von Mastzellen, die allerdings extrem selten vorkommt. Klinische Relevanz hingegen hat das Mastzellaktivierungsyndrom (MCAS).

Bei dieser Erkrankung spielen die Mastzellen scheinbar verrückt. Sie „feuern“ ständig ihre Mediatoren und Betroffene entwickeln u.a. starke allergie-ähnliche Symptome, ohne dass Allergien vorliegen. Oft wird ihnen dennoch fälschlicherweise eine Allergie attestiert, und nicht selten einfach nur eine psychische Störung. Mastzellen, die außer Rand und Band sind, schütten ständig Botenstoffe aus und das führt im Körper zu allgemeiner Verwirrung.

Das erste Indiz für eine Mastzellenerkrankung vom Typ MCAS sind erhöhte Histaminspiegel (gemessen im Blut oder Urin).

Die diagnostische Herausforderung liegt nun darin, die Trigger für die scheinbar verrückten Mastzellen zu finden, um diese dann gezielt wieder zu beruhigen. Diese können sein:


  • Hormonelle Störungen
  • Psychischer Stress
  • Physischer Stress
  • Mikronährstoffmängel
  • Medikamente
  • Chronische Infektionen
  • E-Stoffe in Nahrungsmitteln

Das Mastzellaktivierungssyndrom gibt es schon lange. Aber erst seit der Erforschung vom Long-Covid-Syndrom hat es auch etwas mehr Aufmerksamkeit in der Mainstream-Medizin bekommen.

Die Therapie hängt stark vom jeweiligen Trigger ab. Generell gilt: Zink ist das allerbeste Beruhigungsmittel für gestresste Mastzellen.

Es ist in der Lage, Histamin in der Mastzelle zu binden und so eine überschnelle Reaktion zu verhindern. In diesem Fall lautet die Diverse zur Zinktherapie nicht kleckern, sondern klotzen. Anfangsdosis 25 mg, 2-3 x täglich.

P.S.:
Eine Erkrankung ist nur dann als Erkrankung anerkannt, wenn die WHO diese als solche auch begutachtet und ihr eine ICD-10 Ziffer verleiht. Das kann dauern. Im Fall der Mastozytose waren es 30 Jahre. Schon viele Jahrzehnte kämpfen Ärzte in aller Welt für die Anerkennung des MCAS als eigenständige Erkrankung. Bislang leider erfolglos.


Zum Weiterlesen:
Kyra und Sascha Kauffmann: Der Histamin-Irrtum, VAK Verlag 2021

Quellen:

Weinstock LB, Brook JB, Walters AS, Goris A, Afrin LB, Molderings GJ. Mast cell activation symptoms are prevalent in Long-COVID. Int J Infect Dis. 2021 Nov;112:217-226. doi: 10.1016/j.ijid.2021.09.043. Epub 2021 Sep 23. PMID: 34563706; PMCID: PMC8459548.
Marone G, Columbo M, de Paulis A, Cirillo R, Giugliano R, Condorelli M. Physiological concentrations of zinc inhibit the release of histamine from human basophils and lung mast cells. Agents Actions. 1986 Apr;18(1-2):103-6. doi: 10.1007/BF01987995. Erratum in: Agents Actions 1986 Aug;18(5-6):607. PMID: 2425567.
Nishida K, Uchida R. Role of Zinc Signaling in the Regulation of Mast Cell-, Basophil-, and T Cell-Mediated Allergic Responses. J Immunol Res. 2018 Nov 25;2018:5749120. doi: 10.1155/2018/5749120. PMID: 30596108; PMCID: PMC6286780.
KERP L. [Importance of zinc for histamine storage in mast cells]. Int Arch Allergy Appl Immunol. 1963;22:112-23. German. PMID: 14032072.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.