Wie sich unsere Perspektive im Leben so von einem Tag auf den anderen ändern kann. Zunächst als Zuschauer, bequem zurückgelegt auf unsere ... ach die armen... Mitmenschen gucken, um dann plötzlich selbst im Mittelpunkt zu stehen. Selbst betroffen zu sein. Schlagartig ändert sich alles. 

Soeben erlebt. Patientin im letzten Herbst vor Schilddrüsenoperation. Die hatte Angst vor Krebs. Einstellungsfrage. Hängt entscheidend von Ihrem Wissen, von Ihrer Gedankenwelt ab. Ich zum Beispiel habe keine Angst vor Krebs. Überhaupt nicht. Mein Glaubenssatz: Ich nicht. Die Dame war ein bisschen hilfloser. 

Das ist häufig so und spricht für die Patientin. Sie macht sich Gedanken. Denn: Unabhängig von der Operation hat sie – nach langem Gespräch – schon damals begonnen, KH arm oder gar KH frei zu essen. Meine Lebenserfahrung sagt mir: Eher KH arm. Man versucht’s halt, so gut es geht. Sie kennen diese Gefühle selbst. 

Und heute kam sie mit Brustkrebs. Plus Lymphknotenmetastase. Verzweifelt. Soll also operiert werden, Chemotherapie usw. und fragt mich völlig zurecht und mit großen Augen:

Weshalb gerade ich?

Wo sie doch seit einem halben Jahr „auf Kohlenhydrate verzichtet“ hätte? Tja. Zwei Antworten:

  1. Seit 1913 wissen wir, dass die Ketose weniger bringt, wenn sie erst im Moment der Krebsdiagnose begonnen wird. Erinnern Sie sich nicht an diese Studie?
    Und bei der Ausdehnung dieses Brustkrebses (8cm) war es sehr wahrscheinlich, dass erste entartete Zellen bereits vor einem halben Jahr vorhanden waren.
  2. Die zweite Antwort ist noch unangenehmer: Bitte lesen Sie News 10.12.2012 auf drstrunz.de. Lesen Sie den drittletzten Absatz. Mir hat sich der tief ins Herz gebrannt. Ich denke täglich darüber nach. Da steht nämlich: dass auch strenge Ketose den Tumor nicht bremsen muss. Kann, aber nicht muss. Es käme auf das „Ausmaß der Ketose“ an. Die man ja messen kann.
    Und die Hälfte der hier zitierten Patienten hat trotz KH Verzicht keine genügende Ketose erreicht. Könnten das auch Sie sein? Könnte das diese Patientin sein? 

Lösung des Problems? Steht im letzten Absatz. Heißt Laufen. Viel mehr laufen. Erinnern Sie sich an Tomlinson? Die wurde erst Marathonläuferin, dann Ironwoman. Die ist nur noch gelaufen. Um ihr Leben. Und hat lange Jahre gewonnen. Dazugewonnen.

Viele von Ihnen, liebe Leser, sind höchst aufmerksam. Wach. Interessiert. Und haben mich einmal gefragt, weshalb Frau Tomlinson schlussendlich dennoch am Krebs gestorben sei. Tja: Die Dame liebte Bier und Pizza. Von Ketose wusste die nichts. Die ist nur gelaufen. Extrem gelaufen . Und wenn die einmal eine Verletzung bekommen hat? Und Laufpause einlegen musste? Für einen Ingenieur alles durchsichtig, leicht erklärlich, passend. Eins und eins ist  nun einmal zwei. Da brauche ich das Geschwätz der Resignationsmedizin, in dem Fall „genetisch“ oder „Schicksal“ oder „unerklärlich“ nicht. 

Würde ich so denken wie die meisten meiner Kollegen, dann freilich könnte ich mir den Glaubenssatz: „Ich, Krebs? Nie!“ nicht leisten. Dann würde auch ich mich hilflos ausgeliefert fühlen.