Die Eingangshalle der renommierten Universität Notre Dame in Indiana, ziert folgender Satz des berühmten Biologen Theodosius Dobzhansky (1900-1975):


„Nothing in Biology Makes Sense Except in the Light of Evolution"


Wenige Zitate haben mich so beeindruckt wie dieses, denn es bringt eine simple und wie ich finde beruhigende Wahrheit auf den Punkt: In der Natur hat alles seinen Sinn. Schauen wir uns die menschliche Zelle an: Jeder Rezeptor, jedes Zellorganell, jedes Molekül hat seine besondere Aufgabe. Nichts ist ohne Bedeutung oder gar überflüssig.

Nehmen wir zum Beispiel die weibliche Brustdrüsenzelle. Diese hat – übrigens genauso wie die Schilddrüsenzelle - eine Besonderheit auf ihrer Zellmembran, einen so genannten Jodid-Symporter. Dies ist eine kleine Transportvorrichtung, um die Jodversorgung dieser Zellen sicher zu stellen.

Warum hat Mutter Natur (oder: die Evolution) eine spezifische Jod-Schleuse auf dieser Zelle entwickelt? Damit vor allem in der Stillzeit ausreichend Jod aus dem mütterlichen Blut in die Brustdrüsenzelle aufgenommen werden kann. Hier verbindet es sich mit dem Milcheiweiß Kasein und geht in die Muttermilch über.

Interessanterweise wird die Ausbildung dieser Jodid-Symporter durch intensives Kuscheln mit dem Neugeborenen und dadurch bedingte Oxytocin-Ausschüttung gefördert.

Ob ein Säugling zu Beginn seines Lebens ausreichend Jod erhält, entscheidet über seine Schilddrüsengesundheit, sein Immunsystem und nicht zuletzt auch über seine geistige Entwicklung. Bis zu 13 IQ-Punkte weniger kann eine schlechte Jodversorgung in den ersten Lebensmonaten ausmachen. Das macht sich im späteren Leben in jeder Hinsicht bemerkbar.

Nicht umsonst steht im Mutterpass gleich zweimal (!) die Aufforderung an Ärzte und Hebammen, Schwangere und Stillende über die notwendige zusätzliche Jodzufuhr zu informieren. Diese Aufklärung unterbleibt leider allzu häufig.

Die WHO empfiehlt die tägliche Zufuhr von 250 Mikrogramm Jod in der Stillzeit und eine Stilldauer von 6 Monaten. Nur wenige Stillende wissen das, noch weniger schaffen das.

Sehr, sehr schade, wie ich finde. Denn die Evolution möchte kluge, gesunde Kinder.

Der Jodgehalt der Muttermilch ist ausschließlich davon abhängig, wie viel Jod die Mutter selbst zuführt. Das lässt sich einfach messen – mache ich jeden Tag bei meinen Patientinnen und Patienten. Im Blut, im Urin und bei Stillenden direkt in der Muttermilch. Warum Frauen auch außerhalb der Stillzeit ihre Brustdrüsenzellen mit Jod versorgen sollten, erkläre ich beim nächsten Mal.

Quellen:
Moleti M, Trimarchi F, Tortorella G, Candia Longo A, Giorgianni G, Sturniolo G, Alibrandi A, Vermiglio F. Effects of Maternal Iodine Nutrition and Thyroid Status on Cognitive Development in Offspring: A Pilot Study. Thyroid. 2016 Feb;26(2):296-305. doi: 10.1089/thy.2015.0336. Epub 2015 Dec 28. PMID: 26586553.

Ellsworth L, McCaffery H, Harman E, Abbott J, Gregg B. Breast Milk Iodine Concentration Is Associated with Infant Growth, Independent of Maternal Weight. Nutrients. 2020 Jan 30;12(2):358. doi: 10.3390/nu12020358. PMID: 32019065; PMCID: PMC7071233.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.