Osteoporose ist ein Lebensgefühl. Ein negatives. Sprechen Sie einmal mit Betroffenen: Diese ständige Unsicherheit, diese Angst, dieses Gefühl, kein „vollständiger“ Mensch zu sein. Brüchige Knochen zu haben. Traut man sich dann überhaupt Sport zu?

Wie so viele unangenehme Zustände (Beispiel Diabetes, Herzinfarkt, Krebs) hängt auch Osteoporose entscheidend von Ihrem Lebensstil ab. Heißt übersetzt Vorsorge. Präventive Medizin. Ihnen allen so schwer vermittelbar, meisten sogar zuwider: Heute etwas tun zu müssen, damit morgen nichts passiert.

Wir sind lieber heute sorglos, nicht wahr?

Neben der Belastung des Knochens, also der Bewegung, ist Eiweiß die wichtigste Komponente, um Osteoporose zu verhindern. Eiweiß liefert die Bausteine für „intra-und extrazelluläre Proteine“ im Knochen.

  • Deshalb zeigt die Framingham-Osteoporose-Studie den eindeutigen Zusammenhang zwischen erhöhter Proteinzufuhr und Schutz gegen Knochenabbau (J Bone Miner Res 2000; 15: 2504)
  • Deswegen berichten zahlreiche Studien über eine positive Korrelation zwischen Proteinzufuhr und Knochendichte. (J Am Coll Nutr 2005; 24: 5265)
  • Deswegen zeigen neuere Daten, dass erhöhte, über die RDA hinausgehende Proteinzufuhr die Abnahme der Knochen- und Muskelmasse bei älteren Menschen verhindern kann (J Am Geriatr Soc 2009; 57: 1073).
  • Deswegen kann man bei älteren Menschen, die bereits eine Fraktur erlitten hatten, eine deutlich zu geringe Proteinzufuhr dokumentieren (Bone 1996; 18: 139 S).

Das wirklich interessante an dem Trick mit dem Eiweiß ist der Umweg über das Wachstumshormon: Nahrungseiweiß stimuliert die Leberzellen zur Bildung des Wachstumsfaktors IGF-1, was dem Wachstumshormon entspricht. Dieses Hormon

  • unterstützt die Produktion des aktiven Vitamin D.
  • Und dieses aktive Vitamin D stimuliert die Aufnahme von Kalzium wie auch von Phosphat durch den Darm.

Kommt hinzu, dass bestimmte Aminosäuren wie Arginin und Lysin auch direkt den Kalziumtransport durch die Darmschleimhaut fördern. Heißt zusammenfassend: Die Proteinzufuhr steigert Kalziumabsorption durch den Darm, was die Zunahme von Kalziumausscheidung im Urin folgerichtig erklärt.

Ganz wichtig: Es gibt Stimmen, die diese erhöhte Kalziumausscheidung im Urin nach eiweißreicher Ernährung negativ deuten. Als ob der Körper durch Eiweiß Kalzium verlieren würde. Das Gegenteil ist der Fall (Am J Clin Nut 2003; 78:584 S).

Die Stimulation von Wachstumshormon scheint der entscheidende Beitrag einer eiweißreichen Kost: Wir wissen ja seit 1991 (Rudman, New Engl J Med), dass Wachstumshormon das stärkste Mittel gegen Osteoporose ist. Wird nur recht selten eingesetzt, der Kosten wegen.

Das Geld ist natürlich da: In jeder Anti-Aging-Klinik wird dieses Wachstumshormon täglich gespritzt. Im Krankenhaus aber, auf der dritte Klasse, wo meine Oma nach Schenkelhalsbruch lag, herrschen andere ökonomische Zwänge. Versteht man natürlich.

Fazit: Wieder einmal: Wir wissen: Die Medizin weiß Bescheid. Wir wissen präzise, wie wir mit Osteoporose umzugehen haben. Dass wir den Menschen zum Sport, zum Krafttraining zwingen müssen: Die Aufgabe des Arztes. Dass wir neben Vitamin D und Kalzium auf eiweißreiche Kost achten müssen. Und nicht nur achten, wie es immer so schön unverbindlich heißt, sondern den Patienten mit Rezepten an die Hand zu gehen haben.  Und dass wir in schweren Fällen mit Wachstumshormon Wunder wirken können. Freilich kostspielige Wunder.

 

Quelle: Schweizer Z für Ernährungsmedizin 2/11 20-26. Mit 42 Lit.-stellen.