„Wieso sollte ich meine Knochendichte messen lassen? Ich nehme doch Vitamin D ein.“, höre ich oft in meiner Praxis, wenn ich das Thema Knochengesundheit bzw. Prävention der Volkskrankheit Osteoporose anspreche.

Nun, ein optimaler Vitamin D-Spiegel ist zwar eine notwendige, aber noch lange nicht ausreichende Voraussetzung für gesunde Knochen bis ins hohe Alter. Dazu bedarf es deutlich mehr Einsatz als nur die tägliche Vitamin-Einnahme.

Unsere Knochen befinden sich im ständigen Auf- und Abbau, wie jedes andere Gewebe in unserem Körper auch. Die Umbauarbeiten am Knochen übernehmen spezielle hormongesteuerte Zellen (so genannte Osteoblasten und Osteoklasten). Knochenzellen sind sehr stoffwechselaktiv. Sie bilden in ihren Mitochondrien ATP, verbrauchen viele Mikronährstoffe und unterscheiden sich in ihrer Struktur nicht wesentlich von anderen Körperzellen. Bis etwa zum 40. Lebensjahr überwiegt die Verdichtung des Knochens, anschließend beginnt danach leider auch schon ein langsamer Knochenabbau. Bei vielen Menschen ist dieser allerdings rasant schnell, und zwar so schnell, dass ihre Knochendichte im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung im mittleren Lebensalter bereits viel zu gering ist und sie an Osteoporose erkranken. Manchmal sogar schon vor dem 40. Lebensjahr.

Warum ist das so? Es gibt bestimmte Risikofaktoren für eine zu hohe Aktivität der Osteoklasten, der knochenabbauenden Zellen.

Zum einen ist es der Östradiolmangel, der ab dem 40. Lebensjahr bei fast allen Frauen einsetzt. Bei einer frühen Menopause steigt somit auch die Wahrscheinlichkeit frühzeitig eine Osteoporose zu entwickeln. Allerdings erkrankt nicht jede Frau mit Östradiolmangel an einer Osteoporose, sondern es müssen mehrere Faktoren für die Erkrankung zusammenkommen. Von daher sollten Sie sich nicht einreden lassen, dass die Menopause der Hauptgrund für die Osteoporose sei und man daher eh nichts dagegen tun könne.

Weitere Risikofaktoren sind Krankheiten, wie Diabetes mellitus Typ 1 und 2 sowie eine Schilddrüsenüberfunktion.

Auch die dauerhafte Einnahme von Magensäureblockern und Kortison tun unseren Knochen nicht gut. Rauchen, Alkohol und Bewegungsmangel nagen ebenfalls an unserer härtesten Substanz.

Kommen wir noch einmal auf das Vitamin D zurück. Seit einiger Zeit wissen wir um den Einfluss bestimmter genetischer Polymorphismen (Genvarianten) des Vitamin D-Rezeptors auf die Knochengesundheit. Eine Reihe wissenschaftlicher Studien konnte einen signifikanten Zusammenhang zwischen einem bestimmten häufigen Polymorphismus im Vitamin-D-Rezeptor (VDR)-Gen, einen deutlich verringerten Vitamin-D-Spiegel und einem erhöhten Osteoporose-Risiko aufzeigen. Immerhin tragen hierzulande 20 % der Frauen dieses veränderte Genvariante in sich. Der Vitamin D-Rezeptor spielt eine wichtige Rolle bei der Calcium- und auch Phosphat-Aufnahme aus dem Darm ins Blut – beides sind essentielle Mineralien für die Knochen.

Ich selbst trage auch diese ungünstige Genvariante und das veranlasst mich, besonders gut auf meine Vitamin D-Spiegel und Calcium- und Phosphatspiegel zu achten. Vitamin D sollte regelmässig in der Form 25-OH-Vitamin sowie in der aktivierten Form 1,25-OH gemessen werden, das an den Vitamin-D-Rezeptor bindet.

Neben ausreichend hohen Mengen an Vitamin D benötigen unsere Knochen noch eine ganze Reihe weiterer Bau-, Hilfs- und Betriebsstoffe, um gesund zu bleiben. Darüber mehr in meiner nächsten News.

Auch wenn Sie sich bei all diesen Risikofaktoren – hoffentlich – nicht angesprochen fühlen, empfehle ich Ihnen trotzdem zumindest einmal einen diagnostischen Blick auf Ihre Knochen werfen zu lassen.


Quellen:
Usategui-Martín R, De Luis-Román DA, Fernández-Gómez JM, Ruiz-Mambrilla M, Pérez-Castrillón JL. Vitamin D Receptor (VDR) Gene Polymorphisms Modify the Response to Vitamin D Supplementation: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2022 Jan 15;14(2):360. doi: 10.3390/nu14020360. PMID: 35057541; PMCID: PMC8780067.
Li Y, Zhao P, Jiang B, Liu K, Zhang L, Wang H, Tian Y, Li K, Liu G. Modulation of the vitamin D/vitamin D receptor system in osteoporosis pathogenesis: insights and therapeutic approaches. J Orthop Surg Res. 2023 Nov 13;18(1):860. doi: 10.1186/s13018-023-04320-4. PMID: 37957749; PMCID: PMC10644527.
Wimalawansa SJ. Physiological Basis for Using Vitamin D to Improve Health. Biomedicines. 2023 May 26;11(6):1542. doi: 10.3390/biomedicines11061542. PMID: 37371637; PMCID: PMC10295227.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.