Der deutsche Melatoninforscher, Dr. med. Jan Dirk Fauteck, bezeichnet Melatonin als das „Schweizer Messer unter den Hormonen“.

Die meisten kennen es als das Schlafhormon, das gerade zu Beginn der Nacht idealerweise in hohen Mengen von der Zirbeldrüse im Gehirn ausgeschüttet wird.

Melatonin wird in nur einem einzigen Syntheseschritt unter Verbrauch von aktiviertem Methionin (SAME) aus Serotonin gebildet.

Die Baustoffe für Serotonin sind in erster Linie die essenzielle Aminosäure, L-Tryptophan sowie Vitamin B6, Magnesium und Folat.

Problematisch wird es, wenn diese Baustoffe, insbesondere Methionin und Tryptophan, im Mangel sind. Dann sind Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen die logische, natürliche Folge.

Im Hypothalamus sitzt der Nucleus suprachiasmaticus, unsere innere Uhr. Er stellt eine funktionelle Verbindung zwischen dem Auge und der Epiphyse dar. Wenn das Tageslicht verschwindet, gibt er der Zirbeldrüse den Impuls, Melatonin herzustellen. Wenn die Sonne aufgeht, erhält derselbe Nucleus den Impuls, die Cortisol- und Schilddrüsenhormonsynthese anzuregen. So läuft es seit vielen Tausenden von Jahren. Das ist unsere innere Uhr.

Wir sind immer noch getaktet wie unsere Vorfahren und können dieses System nicht austricksen, ohne dass wir gesundheitlichen Schaden nehmen. Seit ca. 100 Jahren kennen wir in Europa elektrisches Licht, und wir machen die Nacht zum Tag. Seit ca. 20 Jahren sitzen wir oft bis spät abends am Rechner oder Handy und setzen uns künstlichem Licht mit hohem Blaulichtanteil aus. Das stört – neben Mikronährstoffmangel - unsere Melatoninproduktion. Schlafmangel macht unter anderem deswegen krank, weil uns Melatonin fehlt, das in der Nacht für eine gesunde „Gehirnwäsche“ sorgt und unser Gehirn von zu viel Histamin befreit, aber auch von schädlichem Tau-Protein (Alzheimer!) abbaut.

Melatonin wirkt wie ein natürliches Antihistaminikum. Es wirkt beruhigend auf die Mastzellen. Falls Sie immer gegen 3 Uhr wach werden, kann es daran liegen, dass Ihr Histaminspiegel im Gehirn zu hoch und Ihr Melatoninspiegel relativ zu niedrig ist.

Ist die Einnahme von Melatonintabletten oder Sprays in solchen Fällen eine Lösung? Nur bedingt und kurzfristig, denn ein Melatoninmangel zeigt ein Defizit in der gesamten Synthesekette des Tryptophanmetabolismus an.

Denn inzwischen ist bekannt, dass Melatonin eben nicht nur nachts in der Zirbeldrüse gebaut wird, sondern auch tagsüber in anderen Zellen, z. B. in den Eierstöcken. Daher macht es Sinn, sich primär um einen funktionsfähigen Melatoninstoffwechsel zu kümmern, also um Nährstoffe (siehe oben) und Schlafhygiene. Genauso, wie es besser ist, die eigene Schilddrüsenfunktion wieder ans Laufen zu bringen, als L-Thyroxin ® einzunehmen. Zumindest dann, wenn sich das träge gewordene Organ wieder aktivieren lässt.


Quellen:
www.melatoninfacts.org

Anderson G, Reiter RJ. Melatonin: Roles in influenza, Covid-19, and other viral infections. Rev Med Virol. 2020 May;30(3):e2109. doi: 10.1002/rmv.2109. Epub 2020 Apr 21. PMID: 32314850; PMCID: PMC7235470.
Cardinali DP. Melatonin and healthy aging. Vitam Horm. 2021;115:67-88. doi: 10.1016/bs.vh.2020.12.004. Epub 2021 Feb 5. PMID: 33706965. Pham L, Baiocchi L, Kennedy L, Sato K, Meadows V, Meng F, Huang CK, Kundu D, Zhou T, Chen L, Alpini G, Francis H. The interplay between mast cells, pineal gland, and circadian rhythm: Links between histamine, melatonin, and inflammatory mediators. J Pineal Res. 2021 Mar;70(2):e12699. doi: 10.1111/jpi.12699. Epub 2020 Nov 29. PMID: 33020940; PMCID: PMC9275476.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.