Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich die wesentlichen Punkte des Buchs von Jessie Inchauspé als News zusammenfasse. Diese biochemischen „Tricks“ könnten so verstanden werden, dass man einfach weiter zu viele leere Kohlenhydrate isst. Ich denke, man kann es auch positiv betrachten und sagen: Für den Einstieg in die Ernährung Low Carb können die Tipps sehr gut helfen, z. B. eine Portion Nudeln gesünder zu verstoffwechseln. Zudem reduziert man so, in Studien nachgewiesen, trotzdem die Menge an Nahrung über den Tag gesehen. Doch worum geht es?

Jessie Inchauspé hat sich die Arbeit gemacht und viele Studien rund um das Thema Kohlenhydrate und Blutzuckerspiegel gesammelt. Konkret: Welche einfach umzusetzenden biochemischen „Tricks“ kann man anwenden, um bei exakt gleichem Essen den Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigen zu lassen bzw. sich länger satt zu fühlen. Dabei benutzt Jessie einen sehr schönen Ausdruck im Buch:


„Dress your carbs“...was man übersetzen kann mit: Gib Deinen Kohlenhydraten ein Kleid.


Was Jessie damit meint: Man soll Kohlenhydrate niemals allein essen. Das bedeutet ganz konkret keine Nudeln mit Tomatensoße oder Brötchen mit Marmelade. Besser ist es, man bereitet die Nudeln mit einer Hacksoße zu bzw. legt auf das Brötchen Wurst oder Käse. Es macht eben einen großen Unterschied, ob man morgens ein Stück Brot mit Marmelade oder mit Schinken und Eiern zu sich nimmt. Zu den Kartoffeln isst man ein gesundes Stück Fleisch, zum Reis einen lecker zubereiteten Fisch (aus heimischen Gewässern). Und siehe da, das Essen führt so zu einer wesentlich länger anhaltenden Sättigung.


Dieses Gefühl der Sättigung kann man ganz persönlich für sich nachvollziehen. So war es für mich ein Zeitenwechsel, als ich 2017 damit angefangen habe, morgens eine große Portion Eier mit Schinken zu frühstücken anstatt die übliche Marmelade oder 2-3 Stücke Kuchen. Plötzlich, von einem Tag auf den anderen, war ich bis mittags satt und häufig auch darüber hinaus. Dadurch esse ich automatisch und ohne Zwang nur noch zwei Mal am Tag.


Spannend ist jedoch, dass es dazu eine gut gemachte Studie gibt: Und zwar hat man 16 gesunden Testpersonen verschiedene Speisen in verschiedenen Zusammenstellungen (Fett, Eiweiß oder Kohlenhydrate) gegeben und Ghrelin, das Hungerhormon, mehrfach gemessen. Bei allen Speisen fällt Ghrelin, bei Eiweiß hält es jedoch – mit Abstand - am längsten an. Und wie oben beschrieben: In der Kombination Eiweiß mit Kohlenhydraten, also Brot mit Schinken und Ei, bleibt Ghrelin um den Faktor 2 länger reduziert als beim alleinigen Verzehr von Kohlenhydraten. Konkret: Beim Verzehr von Kohlenhydraten ist der Ghrelinspiegel nach ca. 180 Minuten sogar über dem Ausgangswert (baseline) vor dem Verzehr der Testspeise. Das ist insofern bemerkenswert, als es beim Verzehr von Eiweiß oder Fett nicht passiert. Dort steigt Ghrelin nach ca. 360 Minuten – also der doppelten Zeit - auf den Ausgangswert an, aber geht nicht darüber hinaus. In einer weiteren Studie wurde auch ermittelt, dass Testpersonen, die Kohlenhydrate bekamen, im Anschluss mehr essen im Vergleich zu Testpersonen, die Eiweiß oder Fett zu sich genommen hatten.

Prinzipiell kennen wir diesen Effekt auch aus anderen Studien, die aufzeigen, dass wir Menschen auf ein Eiweißziel von ca. 15-20 % der Tagesenergiemenge hin essen ... oder besser essen sollten. Wir wissen das von den beiden tollen Forschern David Raubenheimer und Stephen Simpson. Bekommen wir als Menschen nicht genug Eiweiß, essen wir mehr! Das ist insofern logisch, als wir Aminosäuren, die Basisbausteine aller Eiweiße, nicht selbst herstellen können, wohl aber Fett wie auch Kohlenhydrate! Das muss man akzeptieren. Die Eiweiße, die wir seit vielen hunderttausenden von Jahren essen, werden von Bakterien im Bauch von Weidetieren produziert. Bilden dort in Folge das Fleisch der Tiere, die wir jagen und essen. Das muss man wissen, dann wird vieles logisch. Und in dem Stück Kuchen sind bestenfalls die verwendeten Eier eine Eiweißquelle für uns Menschen. Das Eiweiß des Getreides können wir Menschen leider nicht verstoffwechseln und dürfen es somit auch nicht mit einrechnen.

Zusammengefasst kann man festhalten: Wenn Sie zunächst nicht auf Ihre Kohlenhydrate in vollem Umfang verzichten können oder möchten, dann essen Sie immer eine große Portion Eiweiß dazu. So bleiben Sie länger satt und essen in der Folgemahlzeit auch weniger, einfach weil der Körper so die essentiellen Bausteine bekommt, die er täglich benötigt. Wer das Thema nachlesen oder vertiefen möchte, dem kann ich mein Buch „Der Energiefix“ ans Herz legen. Dort beschreibe ich zudem auch die Gefahren eines Konsums von zu vielen Kohlenhydraten zusammen mit weiteren Tipps zum Reduzieren des Insulinausstoßes beim Verzehr von Kohlenhydraten, wie z.B. dem Trick, Apfelessig, mit Wasser verdünnt, 30 Minuten vor dem Essen zu trinken.



Quelle: „Acyl and Total Ghrelin Are Suppressed Strongly by Ingested Proteins, Weakly by Lipids, and Biphasically by Carbohydrates“, Karen E. Foster-Schubert et al., 2008, DOI: 10.1210/jc.2007-2289


Über den Autor:


“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:

"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe. Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise." ”