Jeder zweite (!) hierzulande ist von irgendwas abhängig.

Zigaretten, Alkohol, Sex, Internet oder Tabletten. So steht es im Jahresbericht der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren. Das ist alarmierend und trotzdem tun wir so, als beträfe es nur die Randfiguren unserer Gesellschaft. Das Thema Sucht ist nach wie vor ein Riesentabu. Deshalb wollen die meisten Betroffenen ihr Problem auch gar nicht wahrhaben. Warum sind so viele betroffen und vor allem, wo liegen die Ursachen?

Ein neues Buch erklärt einmal völlig anders, wie Sucht in unserem Gehirn entsteht, warum die Biochemie im Kopf Wurzel des Ganzen ist und und vor allem, wie man der Abhängigkeit wieder entkommt. Das soeben erschienene Buch „Die Suchtlüge“ ist ein Lese-Muss für alle.

Die Medizinjournalistin Gaby Guzek hat bereits vor vier Jahren zusammen mit ihrem Mann - Dr. med. Bernd Guzek - das hervorragende Buch „Alkohol adé“ herausgebracht. Schon damals war Dr. Strunz mehr als begeistert (News vom 21.03.2021) und auch ich empfehle diesen Ratgeber regelmäßig in meiner Praxis. „Die Suchtlüge“ toppt meiner Meinung nach den Vorgänger noch. Sie räumt auf mit dem Mythos, Sucht sei eine Charakterschwäche oder es mangele dem Betroffen nur am echten Willen aufzuhören. Mit leichter Feder, einer guten Portion Humor und vor allem immer ohne erhobenen Zeigefinger erklärt die Autorin wissenschaftlich ganz genau, wie Suchtmittel Nervenbotenstoffe manipulieren und so die Suchtspirale befeuern.

Jeder Suchtform widmet Gaby Guzek ein extra Kapitel und erklärt jeweils die Besonderheiten. Also: Welche spezifischen Nervenbotenstoffe manipuliert ein Suchtmittel, was ist deshalb bei einem Ausstieg zu erwarten und was ist bei einer Behandlung zu beachten?

Die Autorin weiß, wovon sie schreibt: Sie selbst war mehr als 20 Jahre alkoholabhängig. Der Leser bekommt viele absolut lebensnahe Tipps und Tricks mit an die Hand, die den Ausstieg erfolgreich machen.

Sie haben keine stofflichen Süchte?

Aber wie steht es bei Ihnen mit Börsenzockerei, ständigem Scrollen bei Insta? Wie groß ist Ihr Verlangen nach Taonga – der Inselfarm oder anderen digitalen Spielen?

Gerade die Computerspielsucht hat rasant zugenommen. Ca. 1 bis 2 Millionen Erwachsene hierzulande sollen süchtig sein, so vorsichtige Schätzungen. Seit 2022 gibt es sogar eine neue ärztliche Diagnose: „Gaming Disorder“.

Nach aktuellem Forschungsstand sind Ungleichgewichte im Neurotransmittersystem in erster Linie verantwortlich für die Suchtentstehung und -erhaltung. Insbesondere der Botenstoff Dopamin spielt dabei eine ganz besondere Rolle.

Damit aber nicht genug. Faszinierend ist es zu lesen, dass die Forschung heute den Zusammenhang zwischen Sucht und einer unguten Darmflora kennt, dem Ernährungsstatus, einer nicht richtig funktionierenden Schilddrüse und vielem mehr. Leider spielt das in vielen Suchtpraxen und -kliniken noch keine Rolle. Umso wichtiger ist, dass man sich selbst mit dem Gleichgewicht der Botenstoffe in seinem Gehirn gut auskennt und weiß, was sie aus der Bahn wirft und auch was sie balanciert.

Mein Fazit: „Die Suchtlüge“ ist ein rundum gelungenes Buch. So geht Wissenschaftsjournalismus heute. Dr. Ulrich Strunz schreibt nicht umsonst auf der Rückseite des Einbandes der „Suchtlüge“: „Sucht auf den Punkt gebracht, absolute Leseempfehlung.“



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.