Forum: Ernährung - Roberts News, "Integrität vs harte Bandagen

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:-) 6472 Kommentare Angemeldet am: 04.06.2014

Wie sinnvoll der Parameter "Glykämische Last" ist, darf durchaus bezweifelt werden, da er lediglich auf ein einzelnes Lebensmittel bezogen ist. Für sinnvoller würde ich den Food-Insulin-Index (FII) halten, der den Bezug einer Mahlzeit(!) zum Insulinausstoß herstellt (Mahlzeiten normiert auf 2000kcal).
Weißbrot wurde hier z.B. mit einem FFI von 100 definiert. Pizza mit Coca-Cola landet dabei z.B. bei 61, Pasta mit Linsen bei 49 und ein Steak mit Kartoffeln bei 86 (das Steak alleine bei 51).

https://www.researchgate.net/publication/26770180_Food_insulin_index_Physiologic_basis_for_predicting_insulin_demand_evoked_by_composite_meals

KH sind grundsätzlich per sé weder böse, schlacht oder ungesund. Gleiches gilt für Insulin und Insulinausschüttungen.

Was hingegen schlecht und ungesund ist:

  • Chronisch hohe Blutzuckerspiegel
  • Chronisch hohe Insulinsekretion
  • Chronische Insulinresistenz (egal ob physiologisch oder pathologisch)
  • Chronisches Überfrachten der Zellen mit Energiesubstraten (egal welche)
  • Chronisches HF mit Energieüberschuß für die Zellen
  • Chronisches Entzündungsgeschehen im Körper

Was hingegen nicht schlecht und ungesund ist:

  • gelegentliche rasch wieder abklingende Insulinpeaks nach einer Mahlzeit
  • gelegentliches Überangebot an Energiesubstraten (egal welche)
  • gelegentliches Unterangebot an Energiesubstraten
  • High-Carb, wenn man metabolisch flexibel und insulinsensitiv ist
  • Geringe Mengen Zucker/Fruchtzucker (im richtigen Kontext auch moderat größere Mengen)
  • Temporäre akute Entzündungen

 

Die Grundmechanismen sind dabei völlig unabhängig von der Zusammensetzung der Ernährung oder der individuellen Stoffwechselausprägung:

  • Überschuss an Energiesubstrat für die Zellen führt zu Insulinresistenz (Selbstschutz der Zelle)
  • Defizit an Glukose kann ebenfalls zu Insulinreistenz führen (physiologisch)
  • Ohne Kaloriendefizit keine Gewichtsreduktion (Fettmasse)
  • Ohne ausreichende passende Nähr- und Vitalstoffe ist nur eine begrenzte Verbesserung der Insulinsensitivität möglich
  • Je nach individueller Stoffwechselveranlagung führt eine individuell optimierte Nahrungszusammensetzung auch zu einem optimierten/gesteigerten Grundumsatz und erleichtert so, ein Kaloriendefizit zu erreichen (ggf. sogar trotz gesteigerter Kalorienzufuhr)

 

Wer immer wieder nur auf seine einseitigen Ernährungsempfehlungen und Richtlinen als OSFA verweist, hat kein Interesse an einer sachlichen Diskussion, sondern will nur seine Ernährungsidiologie verbreiten.

Schon der Wissenschaftphilosoph Karl Popper wusste: "Der Naturwissenschaftler ist ebenso parteiisch wie alle anderen Menschen" und "er ist leider gewöhnlich äußerst einseitig und parteiisch für seine eigenen Ideen eingenommen."

Das mag auch noch eine Steigerung erfahren, wenn man mit seinen Ideen persönlichen Wohlstand erwirtschaftet.

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Patricia D. 707 Kommentare Angemeldet am: 20.07.2020

Und nun ist noch ganz wesentlich, was die Menschen mit der pflanzlichen, fettarmen Ernährung gegessen haben. Wahrscheinlich nicht Berge von Nudeln mit Ketchup und Gummibärchen ad libitum, denn es galt ja noch die Einschränkung:

mit hoher glykämischer Last (85 g 1.000 kcal−1)

Für die glykämische Last von Lebensmitteln pro 1.000kcal habe ich keine Tabelle gefunden. Für gekochte Nudeln habe ich sie berechnet: 160g/1000kcal. Weitere Werte wären interessant, sind mir aber zu viel Aufwand.

Wenn man zum Ausgleich viel Salat und stärkearmes Gemüse isst, könnten also sogar kleine Mengen von Nudeln möglich sein, denn eine glykämische Last von 85g/1000kcal ist nicht wenig. Für Gurken erhalte ich ca. 26g/1000kcal.

Vielleicht findet jemand eine Tabelle oder hat Lust, einige Werte zu berechnen.

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Patricia D. 707 Kommentare Angemeldet am: 20.07.2020

Mängel in der Studie laut Robert:

  1. Die Studie zeigt auf, dass angeblich die Gruppe, die sich vornehmlich pflanzlich mit wenig Fett ernährte, besser war (lassen wir das mal so platt stehen) als die Gruppe, die sich mit tierischen Produkten Low Carb ernährte.
    Was heißt denn „
    besser war“ ?

     

Im von Thorsten verlinkten Abstract heißt es:

Das Kohlenhydrat-Insulin-Modell der Fettleibigkeit geht davon aus, dass kohlenhydratreiche Diäten zu einer übermäßigen Insulinsekretion führen und dadurch die Fettansammlung fördern und die Energieaufnahme erhöhen. Daher wird prognostiziert, dass kohlenhydratarme Diäten die Ad-libitum-Energieaufnahme im Vergleich zu fettarmen, kohlenhydratreichen Diäten reduzieren.

Diese Prognose soll bestätigt oder widerlegt werden.
Und das Ergebnis der Studie (laut Abstract) ist:

Daher stimmten die Vorhersagen des Kohlenhydrat-Insulin-Modells nicht mit unseren Beobachtungen überein.

Kurz gesagt: Dass kohlenhydratreiche Ernährung die Energieaufnahme erhöht und Fettansammlung fördert, konnte in dieser Studie nicht bestätigt werden.



  1. Die Laufzeit der Studie ist mit zwei Wochen je Ernährungsvorgabe viel zu kurz.

    Selbst wenn ich abnehmen müsste, würde ich keine der beiden Ernährungsformen ausprobieren, da sie mir viel zu extrem sind und keinen guten Einfluss auf mein Darmmikrobiom haben. Deshalb sind mehr als 14 Tage meiner Meinung nach kaum zuzumuten.
    Wer abnehmen möchte, kann diese beiden Arten ja selber einmal testen, denn jeder Stoffwechsel ist anders.


  2. Ein dritter Kritikpunkt ist die Anzahl der Teilnehmer, die mit 20 Erwachsenen sehr klein ist.

    In dem von Thorsten verlinkten Abstract liest man Näheres, in meinen Augen sehr Wichtiges:

    Um diese Hypothese zu testen, wurden 20 Erwachsene im Alter von 29,9 ± 1,4 Jahren (Mittelwert ± s.e.m.) Jahren mit einem Body-Mass-Index von 27,8 ± 1,3 kg m−2 ...


Wenn die 20 Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 80 und einem BMI zwischen 20 und 40 gewesen wären, dann würde ich den Einwand verstehen, da der Stoffwechsel auch vom Gewicht und vom Alter abhängt. Bei 20 Gleichaltrigen mit fast gleichem BMI halte ich 20 Probanden für nicht zu wenig.

Mit 20 Siebzigjährigen oder 20 Adipösen mit BMI 40 hätten sich höchstwahrscheinlich andere Ergebnisse ergeben.



  1. Zudem bekamen die Teilnehmer in der pflanzlichen Gruppe 60 Prozent mehr Eiweiß über die Snacks als die Gruppe der Low Carbler.

     

    Aus dem Abstract:

    um ad libitum entweder eine minimal verarbeitete, pflanzliche, fettarme Ernährung (10,3 % Fett, 75,2 % Kohlenhydrate) mit hoher glykämischer Last (85 g 1.000 kcal−1) oder eine minimal verarbeitete, tierische, ketogene, kohlenhydratarme Ernährung (75,8 % Fett, 10,0 % Kohlenhydrate) mit niedriger glykämischer Last (6 g 1.000 kcal−1)

Bei der pflanzlichen, fettarmen Ernährung bleiben für Eiweiß 14,5%,
bei der tierischen, ketogenen, kohlenhydratarmen Ernährung bleiben für Eiweiß 14,2%.
Die Teilnehmer in der pflanzlichen Gruppe bekamen somit 0,3 Prozentpunkte mehr Eiweiß, also 2,1% mehr.

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Lena 174 Kommentare Angemeldet am: 24.05.2021

Danke, Robert!

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Elli 175 Kommentare Angemeldet am: 30.07.2021

Ja, es ist schon irre, wenn man das liest, dass da mal eben so für zwei Wochen auf ketogen umgeschaltet wird. Wenn ich mir so ansehe, was meine Ärztin erstmal im Vorfeld untersucht hat, bevor ich mit dem ketogenen Versuch begonnen hatte: Leberwerte, Fettsäuren, Enzyme für die Fettverdauung, Darmbakterien...  Nicht jeder kann ja so einfach auf die Verdauung solcher Fettmengen umschalten. Und dann sollte ich die Umstellung vorbereiten mit Bitterstoffen und Mariendistel oder Artischocke. Und langsam die Fettmenge erhöhen und die Kohlenhydrate absenken und dabei messen, bis ich wirklich in Ketose war.
Eine Ketogrippe habe ich dadurch praktisch gar nicht gehabt. Da war allein die Vorbereitung 14 Tage. Und dann dauert es ja noch, bis man vielleicht Erfolge sieht. 
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Forscher, die sich damit beschäftigen, das nicht wissen.

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:-) 6472 Kommentare Angemeldet am: 04.06.2014

Leider liegt die zugrundeliegende Originalstudie hinter einer Bezahlschranke.

https://www.nature.com/articles/s41591-020-01209-1

Effect of a plant-based, low-fat diet versus an animal-based, ketogenic diet on ad libitum energy intake

Aber schon im Abstract wird genau einer der von Robert genannten Kritikpunkte bestätigt:

To test this hypothesis, 20 adults aged 29.9 ± 1.4 (mean ± s.e.m.) years with body mass index of 27.8 ± 1.3 kg m−2 were admitted as inpatients to the National Institutes of Health Clinical Center and randomized to consume ad libitum either a minimally processed, plant-based, low-fat diet (10.3% fat, 75.2% carbohydrate) with high glycemic load (85 g 1,000 kcal−1) or a minimally processed, animal-based, ketogenic, low-carbohydrate diet (75.8% fat, 10.0% carbohydrate) with low glycemic load (6 g 1,000 kcal−1) for 2 weeks followed immediately by the alternate diet for 2 weeks

 

Also ohne Vorbereitungs-/Einleitungsphase und ohne Übergangsphase. Hinzu kommen geringe Teilnehmerzahl und (zu) kurze Studiendauer für sinnvolle metabolische Anpassungen an die jeweiligen Diäten.

Das reicht eigentlich schon, um die Qualität der Studie und ihrer Aussagen in Frage zu stellen und würde wohl auch als Erklärung für das Studienfazit reichen ("Therefore, the predictions of the carbohydrate–insulin model were inconsistent with our observations.")

 

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Thomas V. 5656 Kommentare Angemeldet am: 27.01.2016

Diese News kling für mich, als sollte die Studie eine gewollten positiven Effekt des aktuellen Ernährungs-Mainstreams, "pflanzliche Ernährung gut, Fleisch böse", herausarbeiten.

Mich würde interessieren, wer der Auftraggeber für diese Studie war. 

Robert, hast du darüber Infos?

 

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