"Herz-Kreislauf-Experten vom Brigham and Women’s Hospital in Boston haben jetzt in einer Übersichtsarbeit zusammengetragen, welche Folgen der zunehmend Cannabis-Konsum für Herz und Kreislauf haben könnte. Das Risikospektrum ist dabei erstaunlich breit: Kardiale Schädigung durch Bestandteile des Zigarettenrauchs. Wird Tetrahydrocannabinol (THC) als Joint geraucht, dann unterscheidet sich die chemische Zusammensetzung der Verbrennungsprodukte kaum von denen bei nikotinhaltigen Zigaretten. Dass beim Joint im Schnitt weniger Züge mit größeren Zugvolumen inhaliert werden, macht die zigarettenrauchbezogenen Schäden pro Zigarette/Joint eher größer, weil mehr inhaliert wird. Verschlechterung einer KHK. Auf mechanistisch nicht ganz geklärte Weise scheint Cannabis-Konsum zu einer Verschlechterung und/oder Entstehung einer koronaren Herzerkrankung sowie zu akuten koronaren Ereignissen beizutragen. Dies könnte ein genuiner THC-Effekt sein. Über den Cannabinoid-Rezeptor 1 werden Kardiomyozyten, Endothelzellen und glatte Muskelzellen aktiviert, was oxidativen Stress, Entzündungsreaktion und negative Inotropie zur Folge haben könnte. Es gibt auch Hinweise, dass Cannabis-Konsum mit einer Produktion oxidierter LDL-Partikel assoziiert ist. Cannabis-Konsum ist zudem nicht selten mit akuten koronaren Ereignissen vergesellschaftet. In einer Metaanalyse aus 36 epidemiologischen Studien war Marihuana einer der drei wichtigsten, statistisch unabhängig assoziierten Trigger für Myokardinfarkte. (Die beiden anderen waren Kokain und große Mahlzeiten.) In einer weiteren Übersichtsarbeit fand sich eine Assoziation mit akuten Koronarsyndromen. THC-assoziierte Arrhythmien. Im Zusammenhang mit Marihuana-Konsum ist in der Literatur ein breites Spektrum an supraventrikulären und auch ventrikulären Arrhythmien beschrieben. Eine THC-bedingte, verstärkte betadrenerge Stimulation des Herzens könnte dem zugrunde liegen. Verschlechterung nicht-koronarer Kardiomyopathien. In Tierexperimenten waren Cannabis-Bestandteile mit einer KHK-unabhängigen Verschlechterung der Herzfunktion assoziiert. So reduzierten Agonisten am Cannabinoid-Rezeptor 2 die kardiale Kontraktilität bei Kaninchen. Beim Menschen gibt es Kasuistiken zu einer Assoziation von Cannabis-Konsum mit Stress-Kardiomyopathie und Myokarditis. Arzneimittelinteraktionen. Cannabinoide hemmen in unterschiedlicher Ausprägung Abbauenzyme der Cytochrom p450-Familie und verstärken so die Wirksamkeit unterschiedlichster Medikamente. Cannabidiol (CBN) ist ein potenter Inhibitor von CYP3A und CYP2D6. Sowohl CBN als auch THC hemmen CYP2C9 und CYP3A4. Auch zu diversen synthetischen Cannabinoiden gibt es In-vitro-Studie, die zeigen, dass sie unterschiedliche Cytochrom p450-Subtypen beeinflussen können. Damit besteht prinzipiell das Risiko eines breiten Spektrums an Arzneimittelinteraktionen mit kardiovaskulären Medikamenten." https://www.springermedizin.de/kardiologie/diese-5-gefahren-birgt-cannabis-fuers-herz/24652778