Sportler, also wirkliche Leistungssportler sind ja nicht nur im Umgang mit ihrem eigenen Körper etwas herb und dementsprechend kurz angebunden, wenn der mal wieder nicht so richtig funktioniert, sondern übertragen diesen Charakterzug auch auf ihren Umgang mit dem Mitmenschen. So jedenfalls interpretiere ich die mail von heute. In der mir ein offensichtlich hochklassiger Sportler mal kurz und knapp erklärt, wie


gefälligst


das Leben und wohl auch ich als Arzt zu funktionieren habe.

Rätselhafte Einleitung. Mich hat die mail einfach nur erfreut und begeistert. Eben weil nicht seitenlang, sondern präzise zur Sache. Darf ich?


„Zunächst erlaube ich mir festzustellen, dass meine bei meinem letzten Besuch bei Ihnen vorgetragenen gesundheitlichen Themen gelöst sind ...“


Na und, denken Sie. Ich gucke nach in meinen Aufzeichnungen. Da stand u. a.


Verminderte Sehkraft
Schwache Libido
Unzufrieden mit Muskelaufbau
Angststörung


Jeder einzelne Punkt sehr wohl ein Problem, oft unlösbares Problem für den normalen Arzt. Sehkraft? Ich bitte Sie. Man wird halt älter. Die Libido? Meine Güte: Sie sind doch über 50, oder? Und Muskel; wozu brauchen Sie den? Ernähren Sie lieber Ihre Familie. Bleibt als – für den Arzt – kleiner Höhepunkt die Angststörung. Was soll man da machen, außer Psychopharmaka zu verabreichen. Oder jahrelange Gesprächstherapie.

Und all diese „gesundheitlichen Themen“ seien gelöst, erfahre ich hier kurz und knapp ohne weitere Erläuterungen. Wissen Sie was? Auf solche Kurzmitteilungen bin ich einfach nur stolz. Angststörung weggeblasen? Die Sehkraft wieder hergestellt? Wenn das nicht allround-Medizin ist …. Nun ja.

Das war Teil 1. Im nächsten Satz haut er mir kräftig auf den Deez (bayer. Ausdruck für Kopf/Gehirn). Und erwähnt nebenbei:


„Ich persönlich konnte auch meine Zwift Zeit zu Alp d’Huez auf unter eine Stunde verbessern.“


Kennen Sie Alp d´Huez? Weltberühmter Serpentinenweg steil in die Höhe. Jedes Jahr Höhepunkt der Tour de France. Ich kenn wohl jeden Meter inzwischen auswendig. Bin mitgeklettert, mitgefahren, habe mitgelitten. Sicher über 100 Mal. Und weiß, dass eine gute Zeit für unsereins beispielsweise 1:07 h ist.


Und der braucht unter eine Stunde. Trifft mich. Habe dieses Diktat unterbrochen und bin
1,5 Stunden aufs Ergometer. Volllast. Bergzeitfahren.


Jetzt verstehen Sie die Überschrift. Doppelschlag. Erst Wunderheilung, dann das unter Altersklasse-Sportlern so typische „ätsch, bätsch!“.

Sehen Sie, das empfinde ich als wünschenswerten normalen Umgang miteinander. Jedes Lob verknüpfen mit einem (lächelnden) Ansporn …