Gefühltes Alter, kalendarisches Alter, biologisches Alter – das können drei ganz unterschiedliche Zahlen ergeben. Sie fühlen sich vielleicht wie 30, Ihr Pass sagt 70 und Ihr biologisches Alter liegt bei 50 Jahren.

Wie lange und wie gesund wir leben, hängt vor allem von unserem biologischen Alter ab.

Bisher wurde das biologische Alter meist anhand epigenetischer Veränderungen ermittelt, vor allem der Telomerlänge. Telomere schützen die Chromosomen. Nimmt ihre Länge ab, kommt es vermehrt zu alterstypischen Erkrankungen.

Die Altersforschung konzentriert sich jedoch immer mehr auf Entzündungsgeschehen. Mittlerweile sprechen einige schon gar nicht mehr vom Altern, sondern vom Entzündungsaltern. Im Englischen heißt es inflamm-aging. Der Begriff wird auch im Deutschen benutzt. Die Idee dahinter: Im Alter nehmen chronische Entzündungsreaktionen zu. Sie führen zu den bekannten chronischen Erkrankungen.

Altern im Fokus der Forschung

Wissenschaftler der Stanford University arbeiten seit Jahren an der Erforschung der Zusammenhänge von Entzündungsreaktionen und dem Altern. Vor einigen Jahren wurde eine Studie veröffentlicht, in der viele verschiedene Zellen und Proteine des Immunsystems untersucht wurden, bei jungen wie bei alten Versuchsteilnehmern. Sehr aufwendig. Das Ergebnis zeigte jedoch eindeutig: Altern bedeutet ein schwächelndes Immunsystem (siehe News vom 04.04.2021).

Wieder Wissenschaftler der Stanford University haben nun eine Möglichkeit gefunden, mit einer einzigen, einfachen Analyse das Entzündungsalter einer Person festzustellen. Hierzu untersuchten sie 1001 Personen im Alter zwischen 8 und 96 Jahren. Sie untersuchten verschiedene Proteine und Zellen des Immunsystems, notierten Beschwerden und Krankheiten sowie das Alter. Mithilfe eines Computerprogramms identifizierten sie die Proteinmarker im Blut, die systemische Entzündungen am deutlichsten widerspiegelten. Ein Protein, nämlich Zytokin CXCL9 machte das Rennen. In besonderem Maße korreliert es mit dem Grad der chronischen Entzündungen einer Person.

Ein Zytokin verrät das inflamm-age, das Entzündungsalter

Das Zytokin entsteht hauptsächlich in den Epithelzellen der Blutgefäße. Je schlechter es um die Gefäße bestellt ist, umso mehr CXCL9 findet man im Blut. Je mehr CXCL9 im Blut, umso mehr chronische Entzündungsreaktionen herrschen im ganzen Organismus. Die Wissenschaftler entwickelten anhand der CXCL9-Messungen einen „iAge“ Score. Score ist Englisch und kann mit Punktzahl übersetzt werden. Mit dem „iAge“ Score lässt sich das immunologische Alter einer Person leicht abschätzen. Da CXCL9 einfach und kostengünstig zu untersuchen ist, wird es sicherlich bald Labore geben, die die Analyse anbieten.

Aber was bringt es, wenn man sein iAge kennt? Vielen Strunz-Lesern wahrscheinlich nicht viel, denn sie tun alles, damit ihr Immunsystem stark bleibt. Für andere kann es allerdings ein Weckruf sein. Beispielsweise für jemanden, der sich wie 30 fühlt, dessen Pass 35 sagt und dessen immunologisches Alter bei 55 liegt.

Die gute Nachricht: Das Immunsystem haben wir selbst in der Hand. In jedem Alter können wir es stärken und somit wieder jünger werden.

Quelle: Sayed N, Huang Y, Nguyen K, et al. An inflammatory aging clock (iAge) based on deep learning tracks multimorbidity, immunosenescence, frailty and cardiovascular aging. Nat Aging. 2021;1:598-615.


Über die Autorin:


"Dr. Kristina Jacoby arbeitet seit 2014 Dr. U. Strunz bei der Erstellung seiner Bücher zu. Besonders fasziniert ist sie von den physiologischen Abläufen im Organismus sowie den Möglichkeiten diese mit Lebensstilveränderungen positiv zu beeinflussen.
Physiologie und Genetik waren ihre Schwerpunkte in ihrem Biologie-Studium, welches sie 2002 abschloss. Von 2004 bis 2010 studierte und promovierte sie an der Deutschen Sporthochschule Köln. Seit 2008 beschäftigt sie sich intensiv mit Meditation und praktiziert täglich.

Das sagt sie selbst zu Ihrer Tätigkeit:

„Jede Krankheit basiert auf Schieflagen im Organismus, die man aufspüren und verändern kann. Davon bin ich überzeugt. Mittlerweile gibt es etliche wissenschaftliche Veröffentlichungen, die das bestätigen. Leider ist das Wissen noch nicht in den Arztpraxen angekommen. Daher möchte ich dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen von diesen Möglichkeiten der Heilung erfahren und in die Lage versetzt werden, sie umzusetzen.“"