Ein kleines Büchlein, ein Ratgeber, den mir soeben mein Töchterlein mit einem süffisanten Lächeln überreicht. Bemerkenswert. Nicht nur mein Töchterlein, sondern auch dieses Buch von Walt Whitman, dem Begründer der modernen amerikanischen Dichtung. Das Büchlein wurde geschrieben 1858.

Gar nicht so banal. Whitman wusste etwas. Denn der Untertitel lautet

Das Geheimnis eines
gesunden Körpers

Das Büchlein ist also doppelt interessant. Natürlich auch schon wegen der poetisch-heiteren Sprache. Ein paar Kostproben gefällig?

    „Leibesertüchtigung! Wenige begreifen (auch du, Leser, so wenig wie jedermann), welch ein Aufwand von Kraft dahintersteckt, wie viel systematische Übung vonnöten ist, um einen Körper von vollkommenem Ebenmaß zu erlangen.

    Man betrachte die sehnigen Armmuskeln des jungen Mannes, welcher seit nahezu zwei Jahren im Durchschnitt zwei Stunden des Tages darauf verwendet, zu rudern, Hanteln zu stemmen oder die Indischen Keulen zu schwingen. „Man betrachte den Umfang seiner männlichen Brust, an der einzelne Muskelpartien mit denen eines Ochsen oder Pferdes wetteifern könnten. – (Erschrick nicht, zartsinniger Leser! Der Vergleich soll zur Nachahmung anregen).

    Zwei Jahre zuvor war derselbe junge Mann noch ein kümmerliches, hohlbrüstiges Wesen, welches sich des Abends mit schleppendem Gang nach Hause verfügte und seine Mahlzeiten mit nur geringem Appetit zu sich nahm. Die Leibesertüchtigung und ein klein wenig Ausdauer haben einen ganz neuen Menschen aus ihm gemacht.

    Leibesertüchtigung, das sollte man stets im Auge behalten, besteht freilich nicht nur aus Leibesübungen. Eine gleichermaßen bedeutsame Rolle spielen Essen, Trinken, Kleidung, Schlaf etc. pp.“

Whitman kannte auch das Geheimnis eines gesunden Geistes. Eines heiteren Gemütes, frei von Melancholie oder Depression. Nun ja, Whitman konnte natürlich griechisch. Darf ich?

    „All das bestärkt uns in der Überzeugung, dass es für die Gemütsdepression nur eine Ursache gibt, eine Ursache, auf die sich die Ärzte und vor allem jeder, der unter ihren Folgen zu leiden hat, konzentrieren sollte, nämlich den von einer ungesunden Lebensweise geschädigten Leib.

    Der Leib – der Verdauungsapparat – das Blut – das Nervensystem – das ständig Gemütsstimmungen unterworfene Gehirn – sie alle gilt es intakt zu halten, und dies kann nur durch vernünftige, ausdauernde LEIBESÜBUNGEN geschehen; sie sind das Gegenmittel, sie allein vermögen die Phantome jener „eklen Melancholie“ endgültig zu vertreiben…“

Nicht vorenthalten möchte ich Ihnen mit einem süffisanten Lächeln meinerseits die tiefe Erkenntnis auf der Rückseite des Buchcovers, die da lautet,

Männer sind schön!