Forum: Bluttuning - Sekundäre Mitochondriopathie

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:-) 6472 Kommentare Angemeldet am: 04.06.2014

Hallo Herbert,

wieder ein sehr interessanter Beitrag von dir {#emotions_dlg.wink}

Es freut mich, dass deine Lebensgefährtin ihre Krebserkrankung erfolgreich mit einer angepassten Ernährung unter Kontrolle halten konnte und kann. Klasse, dass du die Ernährungsumstellung mitgeamacht hast. Das ist sicher eine große Hilfe, Motivation und Unterstützung für deine Lebensgefährtin. Eure "Glück" in dem Fall war, dass der Krebs so gut auf die reduktion der Kohlenhydrate angesprochen hat. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit.
Wenn es ganz schlecht läuft, kann dieser Ansatz auch fürchterlich nahc hinten los gehen. Dann nämlich, wenn der Krebs nicht dermaßen auf Kohlenhydrate gepolt ist.  Krebszellen können durchaus verschiedenste Energiesubstrate verstoffwechseln; Glukose, Fettsäuren, Laktat oder auch Ketone. Teilweise sind Krebszellen auch in der Lage das Energiesubstrat (je nach Angebot) zu wechseln ode Nachbarzellen zur Energiebereitstellung zu "versklaven". In diesen Fällen kann LC/Keto durchaus kontraproduktiv sein. Das Schwierige ist der Spagat, den Körper und sein Immunsystem möglichst gut mit allem zu versorgen, was er für eine Krebsabwehr / Gesundung braucht, ohne dem Krebs den Tisch zu decken. Krebs braucht nicht nur Energie, sondern auch Baustoff, Eiweiß. Eiweiß braucht der Körper aber auch für ein kompetentes Immunsystem; und ggf. für Glukoneogenese.
Vitamin C-Hochdosis-Therapie sollte man in Tat grundsätzlich in Betracht ziehen.

Für mich ist eine jede Diät, die zu einer ketogenen Stoffwechsellage (Ketose) führt eine ketogene Diät. Und eine ketogene Diät, die nicht zu einer ketogenen Stoffwechsellage führt, ist dann auch keine ketogene Diät. LC oder NC haben grundsätzlich erst mal nichts mit Ketose /ketogener Diät zu tun, können aber Voraussetzung sein. Ganz entscheident ist der Eiweißanteil, wie du schon ausgeführt hast. In der Mathematik gibt die Unterscheidung zwischen Notwendiger- und Hinreichender Bedingung. LC/NC können notwendige Bedingungen sein, sind aber nicht hinreichend (es bedarf zusätzlich einer beschränkten Eiweißzufuhr).

 

"Wirklich in Ketose war ich nie, was natürlich am Eiweißanteil (und an der Glukoneogenese) liegt."
Das dürfte u.U. schwer festzustellen sein. Ketosticks sind nur begrenzt genau und können nur mit dem Urin ausgeschiedene Ketone nachweisen. Mit dem Urin ausgeschieden werden Ketone aber erst, wenn sie in ausreichender Menge anfallen und vom Körper nicht verstoffwechselt werden. Es wäre also durchaus denkbar und wahrscheinlich, dass du zeitweilig in einer leichten Ketose bist, dein Körper die Ketone aber aufgrund deines Sportpensums verstoffwechselt, ehe sie überschüssig mit dem Urin ausgeschieden werden.

Ich bin ja erklärter Maßen ein Freund von metabolischer Flexibilität. Der Körper soll ruhig in mehr oder wengier ständigem Wechsel mit allen Formen der Energiebereitstellung konfrontiert werden und zwischen den verscheidenen Pfaden hin und her switchen. Mal LC, mal HC, mal HF  und auch mal Ketose. Am besten abgestimmt auf die Sporteinheiten und Trainingsperiodisaierung.

"Jenseits aller biochemischen Details muss jeder für sich selbst eine praxistaugliche Formel finden."
Kann ich voll und ganz unterschreiben. Das beste Ernährungsregime taugt nichts, wenn es nicht (dauerhaft) praktikabel ist (aus welchen Gründen auch immer).

 

Ein Fragestellung, die mich noch umtreibt, ist die Leber als Ort der Ketone-Erzeugung und Glukoneogenese. Kann die Leber beides gleichzeitig gleichermaßen oder gibt es da ein Kapazitätsproblem? Sprich, muss die Leber ihre Stoffwechsel- und Synthesekapazität auf beide Vorgänge aufteilen? Wenn ja, tue ich der Leber mit zu-Low-Carb oder NC keinen Gefallen, da ich unnötig Kapazitäten für Glukoneogenese binde, oder?

LG,
Thorsten

 

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Robert K. 3837 Kommentare Angemeldet am: 14.01.2017

Zu den Blutwerten muss ich noch einen Satz schreiben, konkret zum Wert M2PK.

Das ist ein Wert, der wohl nur in der sogenannten Cellsymbiosetherapie benutzt wird. Ein höchst umstrittener Wert bei einem nicht krebskranken Menschen (ist in der normalen Medizin ein Tumormarker). Ich habe am WE hinter dem Wert hinterhergegoogelt und nicht wirklich was sinnvolles rausgefunden. Er war bei mir nur erneut recht hoch oder erhöht, und das wo Laktat/Pyruvat im sehr guten Verhaältnis von 1:11 und LDH mit 135 sehr niedrig ist.

ERGO: Ich habe auch keine Studie zu M2PK gefunden. Ich würde den aktuell ignorieren und mich an den anderen Werten orientieren.

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Robert K. 3837 Kommentare Angemeldet am: 14.01.2017

Klasse Beitrag Herbert! Und Du langweilst nicht ;) ...eine Frage. Du schreibst "Kämmerer beziffert die Obergrenze für Gesunde auf etwa 50 g"

Was führt er für Gründe auf, dass man bei 50g Aufnahme stehen bleibt? Da ist ja dann wirklich nur das Wurzelgemüse noch genehm. Vielleicht ein Apfel. Kein Honig, kein weiteres Obst. Nix.

Die roten BK können ja keine Ketonkörper verstoffwechseln, sind auf Glukose angewiesen. Mit ca. 40g am Tag. Ist das der Grund? Hirn, Herz, Nieren leben gern von Ketonkörpern, der Rest dann primär vom Fett.

Hintergrund der Frage: Man könnte ja auch 160g nehmen, da Hirn+rote BK diese Menge am Tag benötigen?! Aber da scheint es dann doch Gründe für zu geben, weiter unten stehen zu bleiben.

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Herbert A. 102 Kommentare Angemeldet am: 08.07.2013

Hallo Thorsten,

Du hast zum zweiten Mal ins Schwarze getroffen, denn auch das Thema Ketose beschäftigt mich seit langem.

Ich dachte, die Differenzierung sei klar: Ketose ist immer ketogen; umgekehrt gilt das nicht (sonst bräuchte man ja auch keine Ketosticks). Das Verhältnis Eiweiß:Fett kann je nach den Voraussetzungen und Zielen justiert werden (sagen wir zwischen 20:80 und 40:60. Die paar Kohlenhydrate laufen natürlicherweise mit (Gemüse, Sahnequark), und damit hat sich’s. Wo ist das Problem?

Auf den „Sonderfall“ Ketose kam ich erst durch die Brustkrebserkrankung meiner Lebensgefährtin (2008). Das ganze Wissen war ja damals eigentlich längst da, doch erst mit Kämmerers grandiosem Werk (2012) wurde es leicht zugänglich – gerade rechtzeitig für das Rezidiv, das sich 2013 „planmäßig“ einstellte. Aber da waren wir vorbereitet und haben nach Einsetzen der Kachexie (massiver Gewichtsverlust in wenigen Wochen trotz guten Appetits) schnell gehandelt: Messung von TKTL1, radikale Umstellung auf Kämmerers Ernährungsmodell (75 bis 80 % Fett, KH strikt unter 25 g). Da wir im Übrigen inzwischen sehr gute Rahmenbedingungen geschaffen hatten (Mikronährstoffe, Bewegung usw.), war die Ketose der alles entscheidende Faktor, der dafür sorgte, dass es mit dem Gewicht wieder zügig aufwärts ging. Quod erat demonstrandum. Es braucht hier keine Worte mehr, denn einen härteren Beweis gibt es meiner Meinung nach nicht. Wozu ich bemerken will, dass man (siehe Strunz, Gröber & Co.) zuerst einmal an eine Vitamin-C-Hochdosis-Infusion denken sollte, und zwar bereits beim Primärtumor. In unserem Fall (aggressiver, also rein zucker-, nicht hormonabhängiger Tumor) wäre das sowieso die Therapie schlechthin gewesen. Wie immer im Leben wird Nichtwissen (Dummheit) brutal bestraft.

Da die ketogene Ernährung sowieso viele Vorteile hat und laut Kämmerer (24) auch die Ketose nicht zu fürchten ist (mit der von Dir erwähnten Ausnahme, Thorsten, also insulinpflichtige Diabetiker), habe ich die Umstellung gleich mitgemacht, a) aus motivatorischen und Solidaritätsgründen, b) als Test meiner Hypothese, dass auch der Leistungs-, speziell der Ausdauersportler davon nur profitieren kann. Das entspricht im Übrigen meiner Vorstellung eines integralen Lebenskonzepts und, bitteschön, einer Humanmedizin, die den Namen verdient. Darunter mache ich es nicht, punktum.

Soviel zum Rahmen. Um zum Ausdauersport zu kommen: Mit einem ketosenahen Stoffwechsel habe ich seit 2013 sehr gute Erfahrungen gemacht. „Highfat“ habe ich bis heute beibehalten. Ich halte das für eine ideale, da effiziente und sehr praktikable Energiebasis, und ich achte einfach nur grob darauf, dass zwischen Input und Output in etwa ein Gleichgewicht herrscht. Bei einem BMI von knapp 20 schwankt mein Gewicht nur in Abhängigkeit von der Trainingsintensität.

Kohlenhydrate halte ich trotz intensiven täglichen(!) Trainings ketosenah bei 30 bis 40 g (Kämmerer beziffert die Obergrenze für Gesunde auf etwa 50 g). Wirklich in Ketose war ich nie, was natürlich am Eiweißanteil (und an der Glukoneogenese) liegt.

Die Steuergröße ist das Eiweiß. Eigentlich brauchen wir uns nur über den Eiweißanteil zu unterhalten. Nimmt man die Fettverbrennung (Beta-Oxidation) als die vernünftige Energiebasis schlechthin (Acetyl-CoA mit nachfolgender Ketonkörper­erzeugung nebst Fettsäure- und Cholesterinbiosynthese; Keton­körper sind, wie Horn (150) erklärt, lediglich die „Transportform von Acetyl-CoA. Sie werden in der Leber aus Acetyl-CoA gebildet und in den Zielzellen wieder zu Acetyl-CoA abgebaut“), beschränkt sich die Glukoseerzeugung aus Kohlenhydraten zwangsläufig auf ein unerhebliches Minimum (Acetyl-CoA kann nicht mehr in Glukose umgewandelt werden). Bleiben noch die potenziellen Energie­substrate Laktat und Eiweiß (Aminosäuren). Laktat kann via Cori-Zyklus beim Leistungssportler eine tolle Rolle spielen, verlangt aber eine Trainingsintensität, die es zum Spezialfall macht. Eiweiß wiederum kann zur Glukoneogenese genutzt werden, was es ein wenig problematisch macht, eben auch für den Sportler.

Doch wie hoch ist der Anteil der Aminosäuren an der endogenen Zuckererzeugung und speziell an der Blut-Glukose (denn der Muskelnährstoff Glykogen ist ja hoch willkommen)? Gröber spricht, meine ich, irgendwo von 10 Prozent. Der Anteil könnte aber durchaus höher liegen, wenn man Horn (202) heranzieht:

„Aminosäuren, deren Abbau direkt zu Acetyl-CoA führt, lassen sich nicht in Glukose umwandeln und sind daher ketogen, weil die Reaktionen der Pyruvat-Dehydrogenase irreversibel sind. … Die meisten Aminosäuren werden [jedoch] zu Pyruvat, zu Zwischenprodukten des Citratzyklus oder zu Stoffen, die nach den Decarboxylierungen in den Zyklus einsteigen, abgebaut.

- Aus Alanin, Serin, Glycin, Threonin und Cystein entsteht Pyruvat, das wahlweise wieder zu Glukose aufgebaut oder zu Acetyl-CoA abgebaut werden kann.
- Tryptophan wird zu Pyruvat und Acetyl-CoA abgebaut.
- Aus Methionin wird Pyruvat und Succinyl-CoA.
- Phenylalanin und Tyrosin werden zu Fumarat und Acetyl-CoA abgebaut.
- Isoleucin zu Succinyl-CoA und Acetyl-CoA.
- Aspartat und Asparagin werden zu Oxalacetat abgebaut.
- Nur Lysin und Leucin [die beiden „L“] sind rein ketogen, werden also ausschließlich zu Acetyl-CoA abgebaut.“

Die Unterstreichungen sind von mir. Wer will da noch sagen, was im konkreten Fall wie läuft? Man liest oft, dass die verzweigtkettigen Aminos (BCAA) zur Glukoneogenese genutzt werden können. Nun, Leucin eben nicht. Alles, was zu Acetyl-CoA führt, fällt weg, alles Übrige kann genutzt werden bzw. wird es wohl auch.

Vielleicht ist in der Praxis aber doch alles ganz einfach. Meine Schlussfolgerung lautet: Setze auf eine ausgewogene Fettbasis; trainiere den Fettstoffwechsel auf Maximum; schiebe die anaerobe Schwelle so hoch wie möglich, um zusätzlich das Laktat zu nutzen und somit den Glukosebedarf des Körpers auf ein Minimum zu beschränken. Soll er dann mit den Aminosäuren doch machen, was er will. Für den Fall, dass er diese bei Hochlast stark in Anspruch nimmt, sehe ich zu, dass trotzdem kein Mangel entsteht – denn ein solcher ginge zu Lasten der Muskulatur und des Immunsystems. Das darf nicht sein.

Jenseits aller biochemischen Details muss jeder für sich selbst eine praxistaugliche Formel finden. Beim Krebspatienten sieht diese ein wenig anders aus. Die Unterschiede könnten aber geringer sein, als Kämmerer glaubt. Angenommen, der Körper steigert die Glukoneogenese: Wie groß ist die Überlebenschance von Krebszellen (oder Metastasen), wenn sie täglich mit dem größten Organ des Menschen, dem Muskel, um den (nun doch recht wenigen) Zucker konkurrieren müssen? Morgens eine halbe Stunde lang locker den Fettstoffwechsel anschieben, abends eine halbe Stunde lang mit ein paar Intensitäten im Körper aufräumen (die letzten Zuckermoleküle aus dem Blut entfernen) … Das ist hier zwar nicht mein Thema, gehört aber in den großen Rahmen.

Wie schon erwähnt: Mit einem ketosenahen Stoffwechsel, also VLC und einem Eiweißanteil von etwa 20 %, habe ich auch als ehrgeiziger Marathonläufer sehr gute Erfahrungen gemacht. Einen Marathon ketogen zu laufen, ist absolut kein Problem. Die Frage ist allein: Wie schnell? Je höher das Tempo und je länger man anaerob läuft, desto stärker kommt es auf das Verhältnis innerhalb der „Trias“ Fettsäuren/Proteine/Glukose an. Die logischen Varianten/Kombinationen kann man ja durchspielen und sich entsprechend verhalten. Bleibt nur noch eine Frage, und das ist das letztlich Subjektive: Erzeugt die chemische Fabrik auch das, was sie soll und wozu man ihr die Chance gibt?

Ich will hier niemanden langweilen und daher abschließend nur noch auf ein gutes und für mich jedenfalls spannendes Video von Daniel Pugge verweisen: https://www.youtube.com/watch?v=I2HihJCDHZ0. Unsere Ansätze decken sich weitgehend, wie wir im Austausch unserer Erfahrungen feststellen konnten. Mein Trainingsumfang ist allerdings viel höher, und in puncto Komplettversorgung dürften ebenfalls Unterschiede bestehen, obgleich er sehr akribisch vorgeht und sich um harte Daten bemüht, indem er sich zum Beispiel einen Blutzuckermesser einpflanzen ließ und die Fettverbrennung bzw. den Acetongehalt der Atemluft mit einem Alkoholmessgerät kontrolliert. 

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:-) 6472 Kommentare Angemeldet am: 04.06.2014

Hallo Herbert,

im Großen und Ganzen sind wir gar nicht weit auseinander. Hier und da ein paar leicht unterschiedliche Einstufungen / Bewertungen, aber das macht den Reiz einer sachbezogenen Diskussion aus {#emotions_dlg.wink}

 

Du schreibst: "Ketose ist ein strenger Sonderfall der ketogenen Ernährung, "
Kannst du das vielleicht noch etwas erläutern?

Nach meinem Verständnis ist es doch gerade das Ziel einer ketogenen Ernährung, die Leber zur Produktion von Ketonen/Ketonkörpern anzuregen und mit diesen die Glukose als Energielieferant für die Zellen weitesgehend zu ersetzen. Damit stellt die Ketose einen weitern, über Glukose, Fettsäuren und Laktat hinausgehenden Pfad für die Energiebereitstellung dar.
Darüberhinaus würde dann die diabetische Ketoazidose gehen, bei der die Konzentration an Ketonkörpern deutlich erhöht ist und auch die Plasmakonzentrationen von Blutgasen und Blutsalzen entgleist ist.

LG,
Thorsten

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Herbert A. 102 Kommentare Angemeldet am: 08.07.2013

Hallo zusammen,

und vielen Dank, Thorsten und Robert, für das nette und produktive Feedback! Einwände, Relativierungen, Präzisierungen finde ich immer gut. Es geht nicht ohne Bemühen um Einordnung, wenn man – sukzessive – Boden unter den Füßen gewinnen will.

Thorsten: Ich tue gut daran, die Standards, die ich anderen vorhalte, selber gewissenhaft zu erfüllen. „Natürlich“ bin ich von meiner eigenen Erfahrungswelt, dem Ausdauersport (Marathon), ausgegangen. Bei Kraftsportlern ist die Situation (Voraussetzungen und Ziele) in der Regel sehr viel anders. Der Eiweißbedarf ist höher, die Komponenten Fett und Kohlenhydrate, also deren relativer Anteil, spielen eine andere Rolle. „Keto“ beziehe ich zunächst einmal nur auf den Ausdauersport. Dabei geht es aber nicht um „Ketose“, wie Robert meint. Ketose ist ein strenger Sonderfall der ketogenen Ernährung, primär von Bedeutung für Krebspatienten (Kämmerer-Konzept, KH-Grenze 25 g pro Tag). Wir differenzieren ja wie folgt: LC (low carb, bis etwa 120 g), VLC (very low carb, bis etwa 50/60 g bzw. 1 g pro Kilo KG). „No-Carb“ ist ein problematischer Begriff, da eigentlich ein Widerspruch in sich. Meint oft einfach „möglichst wenig KH“, Tendenz VLC. „LOGI“ kann man bei LC verorten. Es ist ein in meinen Augen zu kompromisslerisches Konzept, typischerweise assoziiert mit einem adipös-diabetischen Kontext, Bezugspunkt Insulin.

Leistungssport ist normalerweise auf Ketosebasis nicht möglich, einfach deshalb, weil ein relativ hoher Eiweißanteil unabdingbar ist (für Immunsystem und Reparaturprozesse, also die Regeneration). Aber was heißt schon „normal“!? Ich kann behaupten, dass VLC sehr weit trägt unter der Bedingung, dass man die anaerobe Schwelle über Jahre systematisch nach oben treibt. Ich mache das mit ganz ruhigen 5-Jahres-Plänen (orientiert an der Altersklassenstruktur), erarbeite mir Plattform für Plattform und lasse das Niveau niemals absinken.

Das bringt mich zu dem von Thorsten angesprochenen Punkt des „Zuviel“. Diese Frage treibt mich schon seit langem um. Die ROS sind im Ausdauersport definitiv ein (allerdings weithin unerkanntes) Problem. Meine Strategie sieht so aus: Nach dem Training und insbesondere nach harten Wettkämpfen keinerlei Kohlenhydrate, sondern erstens ausreichend (also viel) Eiweiß, vor allem Carnitin, Glutamin, Taurin; zweitens ausreichend (also viel) Vitamine, Antioxidantien und Mineralien, insbesondere Vitamin C, Kalium und Magnesium (plus Zink). Das ist meine Interpretation dessen, was Dr. Strunz einmal das „Abfangen“ der freien Radikale genannt hat. Auf keinen Fall darf die Redoxkette reißen. Deshalb bin ich bei den Mikronährstoffen alles andere als kleinlich.

Wie bewertet man die antioxidative Kapazität, also die Funktionsfähigkeit des endogenen Schutzsystems, wenn man nicht regelmäßig misst (was vielen Leuten auch zu teuer wäre)? Ich benutze drei Indikatoren: a) Fitnessniveau am Tag, b) Regenerationsfähigkeit über Nacht, c) Infektfreiheit, d) Besserung jeglicher Krankheits- oder Störungssymptome. Es gibt Schulmediziner, die sich nicht entblöden zu behaupten, sechs Infekte pro Jahr sei ein normaler Zustand. Auf die Idee, dass das Immunsystem dazu da ist, Infekte gar nicht ausbrechen zu lassen, kommen sie nicht (oder wollen es nicht). Infekte und systematisch betriebener Sport? Das passt gar nicht, zeigt in der Realität aber, dass der Sport gerade nicht eine Säule der Gesundheit ist. Alles falsch eben, verkehrte Welt.

Bei der Prophylaxe kommt jedoch ein weiterer Punkt hinzu. Wenn ich die anaerobe Schwelle sehr weit nach oben treibe, heißt das auch, dass ich die Atmung schule. Bei recht hohem Tempo habe ich immer noch einen Puls von 130 bis 135. Erst ab 145 beginnt man Körper wahrnehmbar hart zu arbeiten (ich genieße dieses Körpergefühl, vor allem am Berg), und erst dann komme ich den kontrollierten Vierer-Rhythmus (viermal ein-, viermal ausatmen; Hecheln kenne ich nicht). Ansonsten laufe ich im sehr ruhigen Sechser- oder gar Achter-Rhythmus. Damit spiele ich, was mir großen Spaß macht. Daran kann man schon erkennen, dass ich ein sehr introspektiver Läufer bin. Beim Laufen bin ganz bei mir und hasse Gespräche. Die Natur nehme ich dennoch intensiv wahr. Meine Hypothese: Durch diese Atemtechnik bei entsprechendem Fitnessniveau senke ich den ROS-Input auf das mögliche Minimum.

Gesundheit/Langlebigkeit: Du hast oberflächlich betrachtet sicherlich recht, Thorsten. Hier kommen aber erstens „höherrangige“, durchaus individuelle Aspekte ins Spiel (Lebenssinn). Zweitens ist der gesamte Lebensstil in Rechnung zu stellen (siehe Kuklinski, aber auch die Trias). Korrekt auch Deine Hinweise zur unterschiedlichen genetischen Ausstattung, wobei es neben der Genetik aber sicherlich noch eine ganze Reihe anderer Einflussfaktoren gibt. Wir haben, was den Marathon angeht, einerseits den Unterschied zwischen 2:01 und 2:08, der durch kein Doping zu kompensieren ist (zumal wahrscheinlich ziemlich alle dopen, denn der Leistungsdruck ist riesig, die Siegchance gering). Andererseits findet man in den Ranglisten der Top-Marathons – Berlin zum Beispiel – ab AK35 praktisch keinen Kenianer mehr – und wenn, dann gewinnt er natürlich.

Übrigens denke ich schon, dass der Mensch in gewissem Sinn (anthropologisch betrachtet) ein Renntier ist. Kuklinski verneint das apodiktisch, ignoriert dabei jedoch seinen eigenen Kontext und vergisst, dass der moderne Mensch im Zuge der Industrialisierung und Mechanisierung immer mehr zum Sitzathleten mutierte. Zentrale Fähigkeiten gingen im Zuge der arbeitsteiligen Produktionsweise verloren. Vom „Individuum“ ist seit Jahrzehnten nichts mehr zu sehen. Doch einer hat es reanimiert: Strunz. Mens sana in corpore sano. Es geht auch mit ASICS. Aber „anima“ ausgerechnet aus Amerika? Alles tolle Lateiner und Gräzisten. Man macht den Bock zum Gärtner.

Mit Deiner Einordnung Kuklinskis hast Du vollkommen recht, Robert. Dennoch darf man den Hut vor ihm ziehen. Man kann ihm nur zustimmen, wenn er die Mitochondrien (und speziell den oxidativen und nitrosativen Stress) ins Zentrum stellt. Gleichzeitig limitiert er sich aber selbst, weil er zu monokausal denkt und zu selektiv therapiert, in der Hauptsache gestützt auf 5 von 8 oder 9 lebenswichtigen B-Vitaminen. Das kann ja nicht wirklich funktionieren. Entscheidend ist zunächst das breite Fundament, und da liegt natürlich auch die Hauptschwierigkeit.

„One size fits all“: Zunächst bin ich völlig Deiner Meinung, Thorsten. Fakt scheint mir aber zu sein, dass die Inanspruchnahme der Individualität fast immer Alibicharakter hat. Denn der oberste Satz lautet: Die Gesetze der Biochemie gelten für alle gleichermaßen. Erst wenn dem Rechnung getragen ist, kann es um das Individuelle gehen, die „Betriebsunfälle“ in den biochemischen Abläufen (Allergien, Unverträglichkeiten etc.).

Was den Doc von allen, die ich kenne, unterscheidet, ist seine Reichweite und Komplettheit, mithin seine Kompetenz – und dadurch sein Vorbild. Da er ständig zuspitzt, fordert er dem Leser allerdings viel ab. Ich gestehe gern, dass ich ihm das Entscheidende (nennen wir’s die Trias) zu verdanken habe. Mit dem ursprünglichen „Forever young“ (Ausgabe 2003) arbeite ich noch heute. (Strenggenommen gab es seitdem nur zwei klitzekleine Modifikationen, die sich vieleicht aber noch als kopernikanische Wenden erweisen werden: Kohlenhydrate allgemein und Fruktose im Besonderen.) Ich musste das nur einmal lesen, um zu begreifen, was da läuft. So konnte ich mein eigenes stringentes Konzept entwickeln und leben. Auf die Ergebnisse und den aktuellen Stand bin ich ausgesprochen stolz.

Es ergibt wenig Sinn, das hier in ein paar Sätzen darlegen zu wollen. Wichtig ist vielleicht die Feststellung, dass ich praktisch alles anders mache als andere (also in völliger Eigenverantwortung), und zwar schon allein deshalb, weil ich sehe, dass die anderen keinen (oder nur schwachen) Erfolg haben. Ich mache mein Leben zum eigenen Projekt, agiere kompromisslos und zugleich oberkritisch. Auf meine Urteilsfähigkeit kann ich mich absolut verlassen. Das ist eine Art von Glück, die man schwer beschreiben kann. Selbstgewissheit wäre ein gutes Wort dafür. Das hat nichts mit Arroganz oder Überspanntheit zu tun, sondern ist Ergebnis harter Arbeit (wir alle stehen auf den Schultern der Großen, und nur um diese geht es). Klar, im sozialen Umfeld kommt solch ein Verhalten zunächst jedenfalls nicht gut an, doch ändert sich das im Zuge der Erfolge. Man braucht eben Widerstände, denn es braucht Vertikalspannung im Leben. Dialektik habe ich von der Pike auf gelernt.

Noch kurz zum Ausdauersport als integralem Teil meines Lebens: Der Weg ist das Ziel! Durch geduldige, aber zähe Entwicklung gelingt es, die Leistungsfähigkeit trotz des Älterwerdens nicht nur zu erhalten, sondern messbar zu verbessern. Ich mag diese psychische Situation. Wer in ein, zwei Jahren von 0 auf 100 geht, treibt erstens Raubbau und sieht zweitens die guten Leistungen immer nur im Rückspiegel. Das bringt mich noch zu Thorstens Bemerkung, dass Optimum und Maximum wohl nur schwer vereinbar seien. Sie sind vereinbar, und eben das ist der eigentliche Hammer. Sagen wir so: Die persönliche Marathon-Bestzeit kann durchaus mit 70 erreicht werden.

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Robert K. 3837 Kommentare Angemeldet am: 14.01.2017

Hallo Herbert,

prima Beitrag und ein weiterer Sparingspartner ;-) ...Positiv gemeint. Der auch sehr belesen ist. Prima und danke für die Blumen.

Ich bilde mir inzwischen immer meine eigene Meinung, auch wenn das anmaßend erscheinen mag. Ok, Kuklinski glaube ich schon eine Menge, dito dem Doc. Aber 1. wissen wir noch nicht alles und es gibt immer neue Erkenntnisse und 2. sieht jeder Mensch die Probleme gern durch die eigene Brille.

Wenn Du Ketose für den Leistungssport als die überlegene Ernährung hälst, was hälst Du dann von dem Buch "Das Paläo-Prinzip der gesunden Ernährung im Ausdauersport" von Loren Cordain und Joel Friel? Und warum soll man im Leistungssport die dann benötigten 400g Carbs für Muskeln, Hirn und rote BK nicht essen? Wieso die Leber zur Höchstleistung zwingen?

Dann muss man sehen: Wen behandelt der Arzt. Kuklinski schreibt sein Buch Mitochondrien. Ein grandioses Buch! Mit 50 Seiten Referenzen auf die Studien. Verständlich für Nichtmediziner wie mich...auch wenn ichs 2x lesen musste ;) und er behandelt "Normalos" wie mich. Bzw. er behandelt hauptsächlich Mito-Kranke! Das ist wichtig! Und daher rät er davon ab, nun ständig 10-30 KM am Abend zu laufen. Weil er sich denkt: Werdet erstmal gesund. Ich fühle mich aktuell schon sehr gut, aber ich bin noch nicht gesund! Jetzt mit Extremsport (20 KM+) anzufangen wäre Irrsinn.

Der Doc hat viele Leistungssportler in Behandlung, wie mein Arzt hier in Berlin (viele Profis kommen zu ihm) ...und der Doc hat auch seinen Hintergrund vom Ultraman. Da rät man dann auch gern und authentisch gern zu einem gleichen Verhalten, weil man projeziert. Machen alle Menschen, ist vollkommen normal. Kuklinski ist kein Sportler ;-)

ERGO: Die Ausführungen über die Mt sind hervorragend, insbesondere in Kombination mit dem 2. Buch von ihm, was Du genannst hast und ich lustigerweise gerade lese! Und man kann anhand der Werte sehr gut ermitteln, ob die eigenen Mt wieder gut unterwegs sind oder nicht.

Am wichtigsten ist nunmal Pyruvat und Laktat, um zu schauen: Gibt es einen Stau. Bei einigen Beispielpatienten waren die Werte 30/50/100-fach erhöht. Dann weiß man das wenistens und dann würde ich raten: Einen Arzt suchen der sich damit auskennt. Weil man kann auch viel falsch machen, denn u.U. braucht man eine Schwermetallausleitung, wo man im Leben nicht selst drauf kommt. Und auch da wieder: Man kann da eine Menge falsch machen, zB Homöopathie anwenden. Keine gute Idee siehe Dr. Klinghardt, der Gott der Ausleitung, zum Thema. Einfach zu finden per google...

Aber ich freue mich auf eine spannende Diskussion zum Thema!

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:-) 6472 Kommentare Angemeldet am: 04.06.2014

Hallo Herbert,

toller Beitrag!

An einigen Punkten möchte ich aber nachhaken:

"Wir wissen aber doch, dass Keto die überlegene Ernährungsform gerade auch für Leistungssportler ist."

Das hängt sehr von der Sportart ab. Grundsätzlich dürfte das um so mehr gelten, je weiter es in Richtung (Extrem)Ausdauersport geht.
Der Sprinter, Gewichtheber, Schwimmer (bis 1500m) und andere Athleten mit zeitlich begrenzetem (< ~30 Minuten) Hochleistungsbedarf kommen mit Keto nicht erfolgreich über die Runden, weil die bereit gestellte geringer ist, als über Carbs.
(Hoch)Leistungssportler sind das aber auch.

 

"Bewegung ist gut und wichtig. Doch wehe, wenn sie in Langlauf- und Marathonbelastungen ausartet! Dann geht es nämlich den Mt [Mitochondrien] noch mehr an den Kragen."

Sport ist sicher grundsätzlich von Vorteil. Aber wie bei allem gibt es auch hier ein "Zuviel". Dann können sich die positven Effekte von Sport auch ins Gegenteil verkehren. Extremausdauerbelastungen produzieren über einen entsprechend langen Zeitraum ROS; zwangsläufig aufgrund oxidativer Energiebereitstellung (und dann wahrscheinlich auch noch am oberen Limit dessen, was oxidativ möglich ist). Dadurch werden alle ROS abbauenden Systeme des Körper s stark gefordert, wenn nicht sogar überfordert.

Die Punkte maximaler Leistungsfähigkeit (egal ob Ausdauer oder Kraft) sind sicher nicht identisch mit den Punkten maximaler Gesundheit oder Langlebigkeit.
Gleiches dürfte für die Interventionen gelten, um diese Punkte zu erreichen.

Vieles hängt dann von den persönlichen Zielen ab und stellt eher ein Optimierungsproblem als ein Maximierungsproblem dar (von Spitzensportlern einmal abgesehen).

Ein "One Size Fits All"gibt es da nicht; kann es nicht geben.

"Sportliche Aktivitäten entfalten ihre positive Wirkung nur, wenn es sich um angepasstes, sich allmählich steigerndes Training handelt.

Völlig richtig; und die Intensität und Regeneration nicht außer Acht lassen.

 

"Der Mensch ist kein Renntier! Der Polymorphismus dürfte hier eine wesentliche Rolle spielen. Die Natur ist brutal und gnadenlos, wenn wir uns nicht nach ihren Regeln verhalten.“ (F29) So richtig die letztere Aussage (Stichwort „genetisch korrekt“), so falsch ist die erstere, wie Dr. Strunz mit süffisantem Verweis auf durchschnittliche Medizinstudenten ausgeführt hat."

Wieso falsch? Undifferenziert würde ich noch stehen lassen. Aber falsch?
Es gibt verschiedenste genetische Anpassungen bei der Spezies Mensch. Kenianer können schnell lange laufen, Eskimos haben einen angepassten Fettsotoffwechsel, Asiaten haben teilweise angepasste KH-Stoffwechsel, (Nord)Euopäer können Lactose verarbeiten, etc..
Nicht alles ist für alle gleichermaßen genetisch korrekt. Nicht alle sind gleichermaßen an Ausdauerleistung angepasst. Warum gibt es z.B. so wenig gute weiße Marathonläufer? Warum gibt es so wenige schwarze Gewichtheber? Ich denke, es gibt je nach Abstammung und genetischer Herkunft durchaus Präferenzen für Kraft, oder Ausdauer, oder Koordination, oder Beweglichkeit, oder...

 

LG,
Thorsten

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Herbert A. 102 Kommentare Angemeldet am: 08.07.2013

Hallo Robert,

Deine Ausführungen sind recht treffend. Kuklinski ist eine wertvolle Referenz der zweiten Reihe. Die erste Reihe ist dünn besetzt: Strunz und Gröber (ergänzend Burgerstein), nicht zu vergessen Horn.

Man muss alles in Relation sehen. Das Implizite ist stets wichtiger als das Explizite. Thema Bezugsbasis!

Du führst die relevanten Messwerte sehr gut auf. Gröber ist allerdings noch viel differenzierter. Macht man das in Eigenregie, hat man das Problem der Auswahl und Prioritätensetzung – und nachfolgend das Problem der Interpretation. Ein vernünftiges Komplettpaket gibt es wahrscheinlich nur bei Dr. Strunz.

Grundsätzlich würde ich so beginnen (ergänzend zu den üblichen schulmedizinischen Werten wie Transaminasen usw., die man aber ebenfalls interpretieren können muss, siehe Blutbuch Strunz, 81 f.):

- Oxidativer und nitrosativer Stress / Antioxidative Kapazität
(Der Stress ist unvermeidlich, mithin geht es um die Balance. Entscheidende Frage: Wie viel ist genug? Primär gemeint sind Vitamine und Antioxidantien. Ich bin sprachlos, wenn ich sehe, mit wie wenig Kuklinski therapiert, obgleich er sich da und dort über die DGE lustig macht. Und festzuhalten ist hier auch, dass Strunz und Kuklinski in Bezug auf NO sehr unterschiedlicher Meinung sind. Strunz hat recht, meine ich.)
- Vit. B12
- Folsäure (B9)
- Vit. E
- Vit. D (25-OH), sofern man nicht grundsätzlich für einen hohen Wert sorgt.
- Superoxiddismutasen (speziell SOD-2)
- Oxid. LDL (nur das scheint mir relevant zu sein, wenn B9 und B12 stimmen, mithin Homocystein kein Problem ist, und dies auch für Lipoprotein (a) gilt. Zu den Blutfetten hat Dr. Strunz ja das Nötige gesagt. Interessant und knallhart auch die Ausführungen von Kuklinski, „Mitochondrientherapie“, zum Thema Cholesterin, 143-147).
- Mangan (alle übrigen Spurenelemente und Mineralien vorausgesetzt!)
- Aminosäurenprofil
- GSSG/GSH-Verhältnis
- Laktat-Dehydrogenase (LDH), hier speziell LDH-5, das sich nach starker Belastung in wenigen Stunden wieder abbaut.
- PDH (Pyruvat-Dehydrogenase), die nitrosativen Stress verringert (und hierfür B1 und Alphaliponsäure benötigt), damit, wie Gröber ausführt, Pyruvat nicht vermehrt zu Laktat reduziert wird (289). Er empfiehlt die Messung des Laktat/Pyruvat-Quotienten, der kleiner 10:1 sein sollte. 
- Malondialdehyd (MDA): betr. Lipidperoxide

Man sollte bei der PDH wohl in Rechnung stellen, dass Laktat nicht nur „auch“ ein Energiebetriebsstoff ist, sondern eigentlich die Nummer 1 („ständiges Substrat der Glukoneogenese“, Horn 105). Folglich kommen hier die Makronährstoffe ins Spiel. Kuklinski empfiehlt die LOGI-Kost. Wir wissen aber doch, dass Keto die überlegene Ernährungsform gerade auch für Leistungssportler ist. Ohne den Cori-Zyklus – also relativ viel Laktat – geht das nicht. Ich meine, dass es jenseits der Messung, übergeordnet also, auf die Regenerationsfähigkeit des Körpers ankommt. Heißt: Wer in langen und harten Trainingsphasen nach sechs Stunden Schlaf fit und angriffslustig aus dem Bett steigt, also keinerlei Muskelkater kennt (auch nicht nach Marathon-Wettkämpfen!), dürfte weder bei PDH noch bei LDH ein Problem haben. Ähnlich dürfte es sich auch bei den Transaminasen verhalten.

Immer gilt meines Erachtens (vor allem für den Leistungssport): Nur keine Mikronährstoffdefizite! Überdosierung scheint mir generell nicht das Problem zu sein, schon gar nicht beim Extremsport. Kuklinski hat gewiss viel Ahnung und Erfahrung, doch eine Breitseite gegen ihn muss ich noch loswerden. In seiner Mitochondrientherapie schreibt er auf S. 58: „Bewegung ist gut und wichtig. Doch wehe, wenn sie in Langlauf- und Marathonbelastungen ausartet! Dann geht es nämlich den Mt [Mitochondrien] noch mehr an den Kragen. … Der Mensch braucht unbedingt tägliche Muskelbelastungen, aber er ist kein Renntier! Kein Tier rennt ohne Grund!“ Das reizt zum Lachen, man beachte die Ausrufezeichen. Assertion pur, Weg frei in die Ideologie. Habe oben nicht ohne Grund die Bezugsbasis erwähnt. Klar, er kann auch anders. Auf S. 182 seines Mikronährstoffbuches (Thema Freie Radikale) kassiert (bzw. relativiert) er sein Absolutum des „Sport ist Mord“: Es komme darauf an, „wie Sport … betrieben wird. … Es sind vor allem die Gelegenheits- und Wochenendsportler, die sich durch ein Übermaß eher schaden als nützen. … Sportliche Aktivitäten entfalten ihre positive Wirkung nur, wenn es sich um angepasstes, sich allmählich steigerndes Training handelt.“ Genau das ist der Punkt. Weder in der Breite noch in der Spitze scheint mir das verstanden zu sein.

Interessant auch Kuklinskis Aufsatz „Extremsport und mitochondrialer Enzympolymorphismus“ (OM & Ernährung 2015, Nr. 151, F27 ff.). Es geht hier um die Stressabbau-Enzyme SOD (Superoxiddismutation, speziell SOD-2) und COMT (Catechol-o-Methyltransferasen). „Die COMT-Verteilung entspricht der der SOD-2. Nur ein Fünftel der Population hat einen voll wirksamen Wildtyp der COMT und SOD. Die Hälfte weist eine geschwächte Enzymaktivität auf. Einem Viertel der Kaukasier fehlt eines der Enzyme vollständig. Über die gemeinsame SOD-2- und COMT-Polymorphismen-Verteilung liegen keine Daten vor.“

Er präsentiert einen sehr eindrücklichen Fall aus dem Leistungssport und schreibt auf S. F29: „Bedenklich sind die Trends ansteigender Läuferzahlen bei Marathonläufen. … Die Mehrheit schädigt sich, da 80 % allein anhand der COMT- und SOD-2-Polymorphismen ihren Heteroplasmiegrad der Mitochondrien steigern.“ Grundsätzlich würde ich dazu sagen, dass man ohne eine komplette Nährstoffversorgung und langjähriges, ständiges Training keinen Marathon-Wettkampf (also im Grenzbereich) machen sollte, siehe Enzymanpassung. Die genannte 80:20-Relation könnte sich auch in der Tatsache spiegeln, dass die Topläufer aller Altersklassen, bis hin zur AK70, unter den besten ca. 20 % des Gesamtfeldes rangieren.

Wiederum nicht wirklich witzig ist Kuklinskis Rekurs auf die berüchtigte Kopenhagener Studie, aus welcher er ungerührt ableitet: „Diese Daten bestätigen eindeutig: Der Mensch ist kein Renntier! Der Polymorphismus dürfte hier eine wesentliche Rolle spielen. Die Natur ist brutal und gnadenlos, wenn wir uns nicht nach ihren Regeln verhalten.“ (F29) So richtig die letztere Aussage (Stichwort „genetisch korrekt“), so falsch ist die erstere, wie Dr. Strunz mit süffisantem Verweis auf durchschnittliche Medizinstudenten ausgeführt hat.

Eine schöne Studie über „Mikronährstoffe im Leistungssport“ gibt es übrigens von Gröber (Deutsche Apothekerzeitung, 152. Jahrgang 06/2012, Nr. 23. Abbildung 1 zeigt die überragende enzymatische Bedeutung der B-Vitamine (neben Vitamin C, Magnesium und Zink). 

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Robert K. 3837 Kommentare Angemeldet am: 14.01.2017

Ich habe noch eine Kleinigkeit für Euch, Thomas und Ulli. Und zwar die Vitalwerte, die wichtig sind für die Mitos. Auch die kann man teilweise mal checken lassen (bei Mineralien wie immer der Hinweis: Vollblut!), wo man sich nicht sicher ist. Die sind alle im Citratzyklus mit involviert, der im inneren des Mt abläuft:

  • Vitamin B1

  • Vitamin B2

  • Vitamin B3

  • Vitamin B5

  • Magnesium

  • Mangan

  • Kalium

  • Biotin

  • Eisen

  • Vitamin B12

  • Vitamin A

  • Antioxidantien zum „Entschärfen“ von Sauerstoffradikalen (Selen, sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse, Vitamin C)

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