Forum: Ernährung - LowCarb, Cori Zyklus und die 50% Carbs als Optimium...

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Walter L. 35 Kommentare Angemeldet am: 31.08.2018

Hi Stefan, 

leider ist das m. E. ein Strohmann-Argument, das von Leuten gebracht wird, die in der Regel selbst nicht mal in der Biochemie oder in Gebieten der Naturwissenschaft gearbeitet haben. Es gibt nicht "die" Biochemie, genauso wenig wie es "die" Studie gibt.

Paradoxerweise wird das ganz häufig von sogenannten "Praktikern" angebracht – nur, dass die Praktiker die Wissenschaft oder wissenschaftliche Erkenntnisse auf ihre Erfahrungswelt herunterbrechen wollen, obwohl sie die eigentliche Fülle bzw. den Wissensstand, den es gibt, gar nicht sehen oder einschätzen können.

Zu sagen, "die Biochemie" sei nicht hinreichend, während man zeitgleich jene biochemische Erkenntnisse nutzt, die das eigene Weltbild bestätigen, ist grenznah an confirmation bias. 

Es ist ganz einfach: Wer nicht in der Biochemie gearbeitet hat, sollte sich kein Urteil erlauben. 

Glucosemangel bei Fettstoffwechseldominanz ist ein Mythos aus der Kohlenhydratwelt ... kannst also auch Du nicht einfach verneinen!  

Habe ich auch nicht!

Btw. Ich fühle mich auch nicht auf den Schlips getreten :-) 

@Thorsten: 

Gutes Beispiel ist hier auch die heutige News "Fett, Ihr Feind Nr.1", in der es wieder einmal völlig undifferenziert heißt "Kohlenhydrate produzieren Entzündung". Ja wie denn? Alle KHs? In jeder Menge? Was ist mit den KHs, die der Körper selber produziert? Hängt an der GNG Glukose ein Etikett "Selbstgemacht und daher harmlos"? Sind die Reis essenden Asiaten oder die KH lastig ernährten Bewohner der Blue Zones alle chronisch krank/entzündet? Und wenn nein, warum nicht?

Passendes Beispiel. Sieh dir mal die verlinkte News an, die erklären soll, warum "Kohlenhydrate Entzündung produzieren" – dort wird eine Studie angeführt: 

Increasing intakes of foods high in refined sugars or refined starches (P = 0.04) and decreasing intakes of bread and cereals (P = 0.008) or vegetables other than potatoes (P = 0.007) also independently predicted a greater risk, with subjects' GI partly explaining these associations. In men, only an increased consumption of fruit fiber (P = 0.005) and fruit (P = 0.04) conferred an independent decrease in risk of inflammatory death. No associations were observed with cardiovascular mortality.

(https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20573797

Kein Wunder, warum bei Lesern ein falsches Bild entsteht – hier wird von "raffinierten Kohlenhydraten" gesprochen. Natürlich verweist auch Dr. Strunz oft genug darauf. Er macht aber daraus nicht selten "alle Kohlenhydrate".

@Martin 

Natürlich ist der Körper anpassungsfähig. Wenn das für "no carb" gilt, gilt es aber gleichermaßen für "high carb". Dein Alkohol-Beispiel in allen Ehren: Das Zwischenprodukt beim Alkohol-Abbau (Acetaldehyd) ist immer noch giftig. 

@Robert 

Wenn du jetzt ausreichnen möchtest, wie viel Glukose aus Glycerin bei einen Triglycerid-Umsatz von ca. 150 bis 250 g pro Tag entstehen kann, verrennen wir uns wieder. Denn natürlich kann das thereotisch entstehen. Aber was sagen tatsächliche Fluxraten? 

The aim of this study was to determine if the rates of lipolysis and the conversion of glycerol into glucose are higher during weight reduction with a ketogenic than a nonketogenic very-low-calorie diet (VLCD). 

... 

However, even after 28 days of treatment, the conversion of glycerol into glucose accounted for only 16% ... 

At day 28, plasma glucose and alanine concentrations were lower and the rate of protein oxidation was higher in the ketogenic than in the nonketogenic VLCD group. 

We conclude that in severe obesity, (1) the rates of lipolysis and gluconeogenesis from glycerol are not increased by altering the composition of the VLCD; (2) glycerol is a minor gluconeogenic precursor during weight reduction; and (3) nonketogenic VLCDs are more advantageous than ketogenic VLCDs in maintaining normal plasma glucose concentration and promoting protein sparing.

(https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0026049594902259)

Natürlich kann man jetzt wieder argumentieren: Wie sieht's bei langfristigen, fettsäurebasierten Ernährungsformen aus, bei denen der Kaloriengehalt der Nahrung isokalorisch ausfällt. 

Eine andere Studie: 

After 62-86 h of starvation, glycerol Ra rose to 5.32 +/- 0.58 mumol.kg-1.min-1, and 68% of glycerol was converted to glucose. This accounted for 21.6% of total glucose production. 

(https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7647479

Interessant: Obwohl fast 70 % des Glycerins zu Glukose umgesetzt wurde, waren das unterm Strich "nur" ca. 22 % der Gesamt-Produktion an Glukose, was ja in den Zahlenbereich der anderen Studie passt. 

Umwandelverhältnis Eiweiß zu Glukose = 4:1

Liegt eher bei 2:1. 

Diese Sportler sagen auch, dass sie sich so gut fühlen wie noch nie und so viel Power haben wie noch nie...

Das heißt aber nicht, dass Cholesterin von 400 automatisch gut ist. Wenn du mal kleine Kinder gesehen hast: Wenn du denen eine Pizza gibst (= sehr viel Energie), werden die eine halbe Stunde später hippelig und haben auch "Power wie noch nie". Das heißt aber nicht zeitgleich, dass die Pizza gesund ist. 

Trotzdem: Ich denke nicht, dass eine isokalorisch, gut praktizierte Low- to- No-Carb Ernährung per se schädlich ist. Nach genauen Zahlen aber suchen wir vergeblich!

 

 

 

 

 

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:-) 7235 Kommentare Angemeldet am: 22.05.2018

"Generell reicht ein erfolgreicher contrarian Praktiker, um die wissenschaftlichen Erkenntisse als ungenuegend zu entlarven. Im Fall von LC/Keto gibt es aber mehr als nur einen Praktiker. Es erscheint mir deshalb sehr verstaendlich, dass Herbert all diese wissenschaftlichen Begruendungen die besagen, dass LC ungesund oder gefaehrlich sei, anzweifelt."

Es geht doch gar nicht darum zu begründen oder zu belgen, dass LC/Keto per sé ungesund oder gefährlich sind. Es geht darum zu hinterfragen, ob das als Dauerzustand bzw. Dauerlebensweise/Ernährungsweise sinnvoll ist. Nätürlich kann LC/Keto kontextabhängig und temoprär ein sinnvolles Tool, eine sinnvolle Intervention sein. Vielleicht sogar bei Manchen auch längerfristig. Aber nicht notwendigerweise für alle als einzige Intervention.

 

Den LC/Keto Fans reicht also ein erfolgreicher LC/Keto-Praktiker aus um wissenschaftliche Erkenntnisse als ungenügend zu entlarven (welche jetzt genau?)?!
Was ist mit über 1Mrd. Menschen, die sich KH reich ernähren und trotzdem gesund alt werden (bzw. wurden, bis sie westliche Überfluß- und Junk-Ernähung annahmen)? Sind die alle chronisch krank/entzündet?

LG,
Thorsten

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Martin F. 1657 Kommentare Angemeldet am: 28.05.2018

Und nicht zu vergessen, dass der Körper ein anpassungsfähiges System ist.

Die Umstellung von KH auf Keto geht ja nicht über Nacht und ist sicher - sobald vollzogen - in ihrer Effizienz noch trainierbar. Was möglicherweise auch Prozesse zur Folge hat, die nur in solchen "Ausnahmesituationen" aktiviert bzw. so trainiert werden, dass sie auffallen/Meßbar werden.

Ich errinnere da an einen Artikel von Peter Greif zum Thema Alkohol. Da hat sich eine Biochemikerin in der Form geäußert, dass Alkohol nicht nur über die Leber abgebaut wird (mit nahezu konstanter Geschwindigkeit), sondern auch direkt in den Zellen.
Das wurde im Zusammenhang mit extremen Körperlichen Belastungen genannt, wo ein Nährstoffdefizit schnellstmöglcih ausgeglichen weden sollte. Aufgefallen ist es vielen Bergläufern nach Wettkämpfen, die in den Stunden danach praktisch Alkoholresistent waren. Sprich die wurden nicht besoffen oder nur sehr viel langsamer.

Hab ich überigens an mir selbst zweimal beobachtet nach dem Zugspitzberglauf. Heut würde ich das zwar nicht mehr ausprobieren, da dies kontraproduktiv in Hinsicht auf Trainingserfolge ist, aber interessant finde ich das schon.

LG

Martin

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:-) 7235 Kommentare Angemeldet am: 22.05.2018

Lieber Herbert,

wie ich schon früher erwähnte: Es ist toll, dass du einen für Dich und dein Umfeld scheinbar funktionierenden Weg gefunden hast, Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden/Lebensqualität zu steigern.

Das aber als Ansatzpunkt zu wählen, dass Emperie der  (biochemischen) Theorie überlegen ist, halte ich für anmaßend und irreführend.

"Die Praxis ist also längst da, der Nachweis längst erbracht, basierend auf Epigenetik und Molekularmedizin – ein glücklicher Zustand! Nachweispflichtig und in Verzug ist allein noch die Biochemie"

Praxis und Erfahrung müssen den (biochemischen) natürlichen Gestzmäßigkeiten folgen und gehorchen. Tun sie das nicht, müssen ggf. Randbedingungen in erweitertem Umfang berücksichtigt werden. Auch die Hummel gehorcht den aerodynamischen Gesetzmäßigkeiten und bildet kein Praxis-vs.-Theorie-Pradoxon; auch wenn dann immer mal wieder fälschlicherweise behauptet wird.

Das gewissen Interventionen bei manchen bis vielen Menschen erfolgreich sind, steht ja außer Frage. Daraus aber eine gleich eine die Theorie über den Haufen werfende allgemeine Gültigkeit zu postulieren ist anmaßend und arrogant und ein Schlag in Gesicht derer, die es ebenso machen, ohne gleichermaßen Erfolg zu haben, aber auch ohne etwas "falsch" zu machen. Bestimmte kontextuale Bestandteile sind sind dann möglicherweise anders und nicht Bestandteil der "Praxis vs. Theorie" Betrachtung gewesen. Ein erweitertes theretisches Verständnis kann dann hilfreich sein hierbei die Ursachen aufzudecken.

Gutes Beispiel ist hier auch die heutige News "Fett, Ihr Feind Nr.1", in der es wieder einmal völlig undifferenziert heißt "Kohlenhydrate produzieren Entzündung". Ja wie denn? Alle KHs? In jeder Menge? Was ist mit den KHs, die der Körper selber produziert? Hängt an der GNG Glukose ein Etikett "Selbstgemacht und daher harmlos"? Sind die Reis essenden Asiaten oder die KH lastig ernährten Bewohner der Blue Zones alle chronisch krank/entzündet? Und wenn nein, warum nicht?

 

"ein faszinierendes analytisch-rationales, aber erkennbar defizitäres Instrument zur Beschreibung des Lebens."

Das einzig defizitäres Instrument zur Beschreibung des Lebens sind einzelne annekdotische Schilderungen mit verallgemeinernden Schlußfolgerungen.

 

"Daraus folgt, dass die Biochemie modifiziert und fortgeschrieben werden muss."

Richtig. Auch die (theoretischen) Erkenntnisse der Biochemie sind in ständigem Wandel und Erweiterung. Teilweise werden sie dabei auch (bewußt) falsch Interpretiert (siehe "Fett ist schlecht" oder "Statine verlängern das Leben"). Und ausgerecht jetzt soll dieser neue, extreme, LC/NC Weg der allein gesund und selig machende Heilsbringer sein? Was für ein BS. Es ist ein Weg, ein Tool, um verkorkste Gesundheit zu verbessern. Es ist sicher nicht der Weg und schon gar nicht der einzige Weg.

"Die Empirie ist der Theorie bereits überlegen."

Nein. Da die Empirie muss natürlich den biochemischen Gesetzmäßigkeiten gehorchen muss.
Die Welt ist eben nicht, was du denkst dass sie ist. In diesem Teil des Universums gelten (die bekannten) Naturgesetze, egal was man sich vorstellt, einbildet oder gerne hätte. Kleine Kinder denken gerne mal, dass die Welt sie nicht sieht, wenn sie die Welt nicht sehen (sich die Augen zuhalten). Sie lernen aber sehr schnell, dass dem nicht so ist; egal wie sehr sie es sich wünschen, glauben, vorstellen denken.

Wer immer undifferenziert diese schicksalhaften Dogmen über KHs predigt, muss auch erklären können, wie ganze Völker KH lastig ernährt gesund alt werden können und vor allem, warum das bei anderen nicht möglich sein soll.

 

"Laktat übrigens gibt es massig: „Die tägliche Produktion … wird auf 150 g geschätzt. … Sowohl die Haut als auch das Blut produzieren zudem jeweils ca. 30 g Lactat pro Tag.“ Das passt sehr gut zu Horns Feststellung, dass alle Erythrozyten zusammen am Tag etwa 30 g Glukose zu Laktat abbauen (487)."

Jetzt hast du schön die Menge entstehenden Laktats quantifiziert. Warum fügst du nicht in gleicher Weise den Verbrauch/Abbau hinzu? Wieviel davon wird von der Muskulatur umgesetzt (oxidier)? Wieviel wird vom Herzmuskel verbaucht? Wieviel bleit tatsächlich für die GNG Übrig und wieviel Glukose wird daraus tatsächlich systhetisiert.

Bemerkenswert, wie stark du immer die Empirie in den Vordergrund stellst und hier auf einmal recht einseitig auf theoretisches Zahlenmaterial aus der "Kohlenhydratwelt" zurück greifst.

"Ich möchte eigentlich nur noch über Blutwerte und deren Zusammenhänge diskutieren."

Wie theoretisch ist das denn? Wo bleibt denn da die Empirie? Glaubst du wirklich, dass gleiche Blutwerte (und vielleicht noch isoliert betrachtet) bei verschiedenen Menschen tatsächlich gleiche Wirkung/Bedeutung haben?

 

LG,
Thorsten

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Robert K. 3842 Kommentare Angemeldet am: 28.05.2018

Hallo Walter,

irgendwie war klar, dass Du vom Fach bist ;-) ...und danke für Deine Teilnahme! Ich muss auch feststellen, dass ich dann so tief nur noch zugucken kann :-D...interessiert, aber wenig Beitrag leisten kann...außer Moderation.

Wir hier im Forum fragen uns schon lange, ob Ketogen (<30g Kohlenhydrate am Tag) gesund ist oder nicht. Und wir haben das Problem, dass sehr viele Agumente in der Tat aus der "alten Carbwelt" kommen, wie der Fehler im Horn, dass Ketose gefährlich ist. Nein, ist sie nicht, nur für Diabetiker Typ1. (Werde ihn auch mal nett anschreiben).

Und das Gehirn ist wohl in der Lage, sehr viel seiner Energie aus Ketonkörpern zu beziehen...anscheinend auch mehr als die "gedachten" 60%. Da geht ganz offensichtlich mehr, siehe die Studie, wo man ketolysefähigen Personen Insulin gespritzt hat...

So...ganz sachlich: Wieviel Glukose braucht der Mensch am Tag. Ich hatte nun auch die 30-40g der roten BK angezweifelt, da nach meinem Verständnis die Leber das Laktat der roten BK mittels Energie (6 ATP) aus Beta-Ox umwandeln kann in Glukose.

Wie siehst Du das?

Was dann bleibt wäre der Bedarf für die von Thorsten aufgeführten Glyko-Proteine und ggf. (20%) 20-30g fürs Gehirn. Wobei man immer klassifizieren muss, dass der Körper ca. 200-250g Triglyceride als LC-Mensch verbrennt (Sportler mehr). Kannst Du klassifizieren, wieviel Glycerin das ausmacht, was dann ja wohl in der Glukoneogenese zu Glukose umgewandelt wird?

Ich glaube nicht, dass der Körper täglich 100g Kohlenhydrate braucht (400 kcal Glukose), da dafür 400g Eiweiß in der Glukoneogenese benötigt würden (Umwandelverhältnis Eiweiß zu Glukose = 4:1). Da wären Herbert und ich nur noch Haut und Knochen ;-) ...und das sehe ich nicht. Auch wären die letzen 200.000 Jahre wohl kaum "von uns" überlebt worden, vor allem der Winter nicht, wenn dem so wäre, dass man 100g Kohlenhydrate braucht.

Und ich glaube auch nicht, dass ich die Glukose aus Gemüse nicht rechnen darf...der Darm kann sehr gut Fett benutzen zur Energieverwertung und Ketonkörper. Das ist meiner Meinung nach eine alte Carbdenke...wenn alles im Mensch an Carbs hängt, dann mag das so sein ;-) ...wenn aber nach 6 Monaten LC/Keto der Mensch wieder "normal" funktioniert, dann sieht meiner Meinung nach die Welt komplett anders aus ...und vieles muss neu geschrieben werden.

Beispiel/Exkurs: Ich habe vor 3 Wochen ein Interview gesehen (wie immer bei Mike Mutzel) von einem Betreuer von Profi-Endurancesporlern. Die machen Keto. Die haben Gesamtcholesterinwerte von über 400, wo alle Ärzte in totale Panik verfallen :-) ...scheint aber für einige normal zu sein, ist nämlich wie immer nicht bei allen der Fall. Ein sehr interessanter Fakt, wo man lernen muss, mit umzugehen. Diese Sportler sagen auch, dass sie sich so gut fühlen wie noch nie und so viel Power haben wie noch nie...

Viele Dank Walter für Deine Teilnahme, auch wenn meine Flughöhe etwas höher ist. Es interessiert mich aber brennend und ich studiere auch brav den Horn ;-)

VG,

Robert

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Walter L. 35 Kommentare Angemeldet am: 31.08.2018

Herbert, 

dein seitenlanges, wohl gut gemeintes Schwadronieren in allen Ehren – aber deine Ausführungen zum Thema Biochemie sind nicht richtig.

Beispiel Acetyl-CoA, eine mitochondriale Schlüsselsubstanz, die sich aus Pyruvat, Fettsäuren und Aminosäuren rekrutiert und Ausgangsstoff des Citratzyklus ist: Acetyl-CoA lasse sich nicht mehr in Glukose umwandeln. OK, direkt vielleicht nicht. Aber wenn man sich den Citratzyklus ansieht (Horn, 104), stellt man fest, dass nach 8 Prozessschritten (Energiegewinn plus Schadstoffbeseitigung) Oxalacetat vorliegt, das unter Mitwirkung der Pyruvat-Carboxylase das Eingangsmolekül zur Gluconeogenese darstellt.

Acetyl-CoA wird auch nicht indirekt als Substrat für die Gluconeogenese gebraucht. Oxaloacetat ist zwar Substrat für die Gluconeogenese, aber dessen Bildung bzw. Vorkommen ja nicht nur auf den Citrat-Zyklus beschränkt. Es geht aber immer um Netto-Kohlenstoff-Bilanz und Ratenlimitierung. Deshalb kann z. B. durch Abbau von Aminosäuren (z. B. Aspartat) zu Oxaloacetat eine positive Netto-Kohlenstoff-Bilanz erzeugt werden – aber das hat mit Acetyl-CoA nichts zu tun. 

It is important to note that animals are unable to effect the net synthesis of glucose from fatty acids. Specifically, acetyl  cannot be converted into pyruvate or oxaloacetate in animals. The two carbon atoms of the acetyl group of acetyl CoA enter the citric acid cycle, but two carbon atoms leave the cycle in the decarboxylations catalyzed by isocitrate dehydrogenase and α-ketoglutarate dehydrogenase. Consequently, oxaloacetate is regenerated, but it is not formed de novo when the acetyl unit of acetyl CoA is oxidized by the citric acid cycle. In contrast, plants have two additional enzymes enabling them to convert the carbon atoms of acetyl CoA into oxaloacetate (Section 17.4.). 

Im Endeffekt geht es um Energieproduktion. Glucosemangel bei Fettstoffwechseldominanz ist ein Mythos aus der Kohlenhydratwelt ...

Ist es nicht! Weil es nicht "nur um Energie" geht, sondern um konkrete Fluxraten, die z. B. von Enzymkinetiken und Gewebeverteilungen abhängen. Nur, weil aus Glukose mal Laktat gemacht wird, heißt das nicht, dass aus Laktat gleichermaßen (1:1 mit Blick auf den Energiegehalt) wieder Glukose gemacht werden kann. Und es heißt auch nicht, dass der Glucose-Anteil dann auch noch am richtigen Ort ankommt.

Das bedeutet zwar auch nicht, dass eine Low- to- No-Carb-Ernährung unter isokalorischen Bedingungen nicht auch adäquat versorgen kann. Auf der anderen Seite ist es gleichermaßen falsch, zu behaupten, dass man ähnliche Zustände, wie von dir beschrieben, nicht auch mit anderen Energiesubstraten (z. B. einer glukosereichen Ernährung) herstellen kann, sofern übergreifende Gesetzmäßigkeiten (z. B. gutes Verhältnis bei ATP/AMP-Ratio) berücksichtigt werden. Siehe dazu bspw. Arbeiten von Longo zu den Blauen Zonen. 

Denn im Endeffekt sprichst du immer von kompensatorischen Reaktionen, denen du besondere Heilkräfte unterstellst, obwohl der Körper unterm Strich das gleiche Ziel verfolgt und alles daran setzen wird, es zu erreichen (z. B. Glukose-Produktion). 

„Die tägliche Produktion … wird auf 150 g geschätzt. … Sowohl die Haut als auch das Blut produzieren zudem jeweils ca. 30 g Lactat pro Tag.

Und was ist das? Auch eine Zahl aus der "Kohlenhydratwelt" – oder woher sollen die 150 g Laktat kommen?

Es grüßt 

ein Biochemiker ;-) 

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Herbert A. 102 Kommentare Angemeldet am: 07.10.2018

Hallo Robert,

ich kann mir das – und eine Menge mehr  – sehr wohl vorstellen. Der Grund ist doch glasklar: Das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis hat sich umgekehrt.

Ich habe in den letzten 15 Jahren (und besonders in den letzten 6 Jahren) eine komplett stimmige Lebensbasis geschaffen, und zwar nicht nur für mich, sondern weitgehend auch für mein privates Umfeld. Krankheiten wurden eliminiert, Gesundheit wurde fundiert, die Leistungsfähigkeit verbessert, die Lebensspanne verlängert.

Die Praxis ist also längst da, der Nachweis längst erbracht, basierend auf Epigenetik und Molekularmedizin – ein glücklicher Zustand! Nachweispflichtig und in Verzug ist allein noch die Biochemie, ein faszinierendes analytisch-rationales, aber erkennbar defizitäres Instrument zur Beschreibung des Lebens. Allerdings behaupten die Autoren auch keine Bibelwahrheiten. Es geht vielmehr um heuristische Modelle.

Daraus folgt, dass die Biochemie modifiziert und fortgeschrieben werden muss. Niemand braucht das Ergebnis jedoch abzuwarten, bevor er in seiner Lebenszeit zielgerichtet und erfolgreich handelt. Die Empirie ist der Theorie bereits überlegen.

Die Wissenschaft ist im Wesentlichen ein Reflex der Zustände. Diese sind von Pathologie und einem falschen Menschenbild geprägt. Die Biochemie ist insoweit genauso Teil der Kohlenhydratwelt wie die Schulmedizin (siehe auch Lehrbuch der Pathobiochemie). Der Fokus muss sich ändern, weg vom defizitären Menschen, hin zu einer neuen Ausgangsbasis: dem komplett mit Mikronährstoffen versorgten Körper.

Ich interessiere mich daher nicht mehr für Negation und Falsifikation („Geht nicht, weil …“). Geht in vielen Fällen sehr wohl, wie die Praxis zeigt – Evidenz pur! Folglich geht es um Verifikation: Die Biochemie möge, bitteschön, begreiflich machen, warum es funktioniert. Das verlangt immer eine Gesamtperspektive „oberhalb“ der Einzelpostulate.

Beispiel Acetyl-CoA, eine mitochondriale Schlüsselsubstanz, die sich aus Pyruvat, Fettsäuren und Aminosäuren rekrutiert und Ausgangsstoff des Citratzyklus ist: Acetyl-CoA lasse sich nicht mehr in Glukose umwandeln. OK, direkt vielleicht nicht. Aber wenn man sich den Citratzyklus ansieht (Horn, 104), stellt man fest, dass nach 8 Prozessschritten (Energiegewinn plus Schadstoffbeseitigung) Oxalacetat vorliegt, das unter Mitwirkung der Pyruvat-Carboxylase das Eingangsmolekül zur Gluconeogenese darstellt.

Die Gluconeogenese sei kostenträchtig und energetisch ineffizient, heißt es. Dabei übersieht man erstens, dass es auf das Zusammenwirken von Stoffwechselprozessen – die situativ relativen Anteile nebst Interkonvertibilität der Substrate – ankommt. Zweitens sind ATP-Berechnungen „nur von begrenztem Wert, da die Energieänderungen in diesen Berechnungen auf Standardmetabolitkonzentrationen von 1M basieren und nicht auf den wirklichen intrazellulär im jeweiligen Moment vorliegenden Konzentrationen. … Eine unverzichtbare Voraussetzung für den Ablauf von gekoppelten Reaktionen ist die Voraussetzung, daß ein gemeinsames Intermediat existiert, um die verschiedenen Reaktionen chemisch zu koppeln, so daß ein Energietransfer ablaufen kann.“ Insofern greifen Glykolyse und Gluconeogenese natürlich ineinander. „Somit benutzt die Neu-Synthese von Glucose aus Pyruvat und Laktat zum einen die reversiblen Glykolysereaktionsschritte und zusätzlich drei Enzymsysteme, welche die drei irreversiblen Schritte der Glykolyse überbrücken.“ Laktat übrigens gibt es massig: „Die tägliche Produktion … wird auf 150 g geschätzt. … Sowohl die Haut als auch das Blut produzieren zudem jeweils ca. 30 g Lactat pro Tag.“ Das passt sehr gut zu Horns Feststellung, dass alle Erythrozyten zusammen am Tag etwa 30 g Glukose zu Laktat abbauen (487).

Im Endeffekt geht es um Energieproduktion. Glucosemangel bei Fettstoffwechseldominanz ist ein Mythos aus der Kohlenhydratwelt, und zwar nicht nur deshalb, weil wohl nur die Erythrozyten (fast!) vollständig auf Glucose angewiesen sind (nicht aber das Gehirn). Denn der Beweis ist auch in Sachen Energie längst erbracht: Ich erfreue mich, basierend auf einer optimalen nächtlichen Regeneration von 6 Stunden, eines außerordentlich hohen Energie-, sprich Leistungsinveaus. Keto ist hier Lowcarb eher noch überlegen.

Fazit: Ich möchte eigentlich nur noch über Blutwerte und deren Zusammenhänge diskutieren. Fakt ist, dass sich durch konsequente Umsetzung der Trias auf Anhieb eine exzellente Basis herstellen lässt. Wirklich interessant sind dann die wenigen Punkte, die überraschenderweise Fragen aufwerfen, oft aber auch einen wichtigen Zusammenhang erkennen lassen. Die Schulmedizin ist hier in keiner Weise zur Hilfestellung in der Lage, und bei der „alten“ Biochemie ist es nicht viel anders. Horns Kapitel 8.5.3 („Zu viele Ketonkörper sind gar nicht gut“) beweist – bei allen Meriten des Werkes – den noch immer myopischen Blick.

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:-) 7235 Kommentare Angemeldet am: 22.05.2018

Hi Robert,

"Hast Du für die 100g Glukosebedarf für "Schleim" und Co eine Quelle?"

Ja, den Link aus dem betreffenden Beitrag ("Paul Jaminet’s Response To The Critics Of His ‘Safe Starches’ Concept")

"The Human Glycome [...]

So: whole body measurements indicate peripheral glucose utilization of around 100 to 150 g (400 to 600 calories) per day in normal humans [...],"

"Vegetables as Poor Glucose Sources

[...]

The point is that vegetables are not usually helpful in repairing a glucose deficiency. A typical vegetable has about 80 carb calories per pound, half as glucose and half as fructose. The digestive tract typically consumes about 50 calories of glucose in digesting a pound of vegetable matter, due to intestinal and immune utilization. Some fructose may be converted to glycogen and then to glucose, but some may be converted to fat and much may be intercepted by gut bacteria. Fructose malabsorption is a widespread problem. So the net contribution of vegetables to the body’s glucose status is small and may be negative.

Since we recommend counting calories only for a few days until one learns how much one must eat to obtain our recommended 400 calories per day of glucose, there is no reason to include vegetables in calorie counting. Vegetables are recommended in our diet due to their micronutrient and fiber content, not their carbohydrate content.


Improved Weight Loss with Consumption of Safe Starches

Since many of Jimmy’s readers eat low-carb diets in the hope of losing weight. It may be of interest to them to know that some of our readers have experienced easier weight loss, reduced appetite, and diminished food cravings after adding “safe starches.” Our “Results” page has examples."

 

LG,
Thorsten

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Robert K. 3842 Kommentare Angemeldet am: 28.05.2018

Hallo Walter,

vielen Dank. Hmm...ich muss das Video von Ben wohl nochmal ganz genau anschauen...eigentlich keiner, dem so ein Fehler unterläuft.

VG,
Robert

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Walter L. 35 Kommentare Angemeldet am: 31.08.2018

Hallo Robert, 

aus Acetyl-CoA wird ganz sicher keine Glukose mehr. Acetyl-CoA dient damit auch ganz sicher nicht als Gluconeogenese-Substrat. Lebewesen, die aus Acetyl-CoA Glukose gewinnen können, haben einen Glykoxylatzyklus, den wir nicht haben. 

Der wird aus gutem Grund gebraucht: Du kannst aus dem Citrat-Zyklus nicht einfach so Oxaloacetat rausnehmen, weil es ja Oxaloacetat braucht, das im ersten Schritt des Citrat-Zyklus mit Acetyl-CoA reagiert. Nimmst du Oxaloacetat raus, um damit Gluconeogenese zu betreiben, stockt ja der Citrat-Zyklus. 

Der Glyoxylatzyklus umgeht das Problem, indem er erlaubt, ein zweites Acetyl-CoA darin zu verbauen. Dann ist die Netto-Kohlenstoff-Bilanz positiv und du kannst daraus Glukose machen. 

Walter 

 

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